Noch nie hat sich die Menschheit so theoretisch und explorativ mit Nahrung beschäftigt wie heute. Jedes Jahr wird eine neue Essstörung erfunden, Spitzenköche entdecken neue Welten und auch noch den letzten Fernsehsender, der Markt an Nahrungsergänzungsmittel die kein Körper braucht wächst exponentiell und all jene die Neues erfinden wollen bereisen dazu die besten Küchenchefs der Welt. Wir haben jemand gefunden der die besten Chefs für genau die falsche Adresse hält...
Besonders in den kulinarischen Schlagzeilen war ja zuletzt die Molekularküche, in der z.B. Spitzenköche wie Ferran Adriá über experimentelle Nahrungswissenschaft sowie chemischbiologische Zubereitungsformen (und Hilfsköchen die zu Laborratten dressiert werden) Speisen zubereiten die nur mehr entfernt an Essbares und seine Bestandteile erinnern. Sie werden jetzt sicherlich sagen "okay, das macht die industrielle Massennahrungsindustrie schon längst und ewig", allerdings ist bei der Molekularküche der Unterschied dass dabei einigermaßen natürliche Ausgangsprodukte verwendet werden und das Ergebnis ungleich teurer ist. Dennoch - auch die Molekularküche wird inzwischen x-fach kopiert, sowie ohnehin die besten Spitzenköche der Welt ständig voneinander kopieren und nachinterpretieren. Wirklich Neues kann so nicht entstehen meinen manche Leute.
Wir haben mit Zhu Pen, Terrinenspezialist und Geschäftsführer der Innovative Food Company (IFC), in Shanghai gesprochen. Herr Zhu Pen erklärt uns: "Die besten Köche der Welt versuchen krampfhaft Neues zu erfinden, und diese krampfhafte Vorgehensweise hemmt die Kreativität. Die besten Erfindungen der Menschheit wie z.B. Whisky, Bier oder Sprengstoff sind hingegen zufällig entstanden. Oft stümperhaft. Wir von der IFC gehen daher konsequent den umgekehrten Weg und suchen ganz bewußt die schlechtesten Köche der Welt."
Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell stutzen natürlich einen Moment lang und bitten um Beispiele. Zhu Pen erzählt bereitwillig : "Nun, wir haben uns z.B. mit dem schlechtesten Suppenkoch von Shanghai in Verbindung gesetzt. Er ist bekannt dafür dass seine Suppen geschmacklich nicht so schlecht sind, aber mit der Konsistenz - das kriegt er irgendwie überhaupt nicht hin. Wir haben seine Arbeitsweise intensiv beobachten und seine Küche im Labor nachgebaut. Nach einiger Forschungsarbeit sind wir darauf gekommen dass in der Originalküche die Hygieneverhältnisse nicht zum Allerbesten stehen und sich dort Bakterienkulturen gebildet haben die die Suppenkonsistenz beeinflussen. Wir haben diese Kulturen konsequent weiter gezüchtet und konnten dadurch ein sensationelles neues Produkt auf den Markt bringen. Unsere Suppe kommt als ovaler Laib auf den Teller der sich mit Stäbchen essen lässt. Dazu treiben sie die Suppe mit einem Stäbchen in eine Ecke des Suppentellers und erstechen Sie dort mit dem zweiten Stäbchen. Auch runde Teller sind kein Problem : mehr als 3 Runden kann unsere Suppe nicht davon laufen, danach ist sie bereits erschöpft und müde. Dieses Suppenprodukt ist vor allem in der Erlebnisgastronomie sehr gefragt."
Wir sind erstaunt, aber Herr Zhu Pen kommt gerade erst richtig in Erzähllaune : "Noch viel besser war unsere Erfahrung mit dem schlechtesten Fischrestaurant einer nahen Küstenstadt. Der Fisch dort ist okay, aber alles andere - von den Eiernudeln über den Obstsalat und die Vanillesauce bis zu Tee und Kaffee - alles schmeckt dort nach Fisch. Sehr nach Fisch. Wir tippten zuerst auf mangelhaftes Händewaschen der Köche, fanden das Küchenpersonal aber in ordentlichem Zustand bei der Arbeit vor. Eine genaue biologische Analyse fand schließlich heraus dass in dem Restaurant vor vielen Jahren einmal eine seltene Fischwurmart eingeschleppt wurde die sich seitdem prächtig vermehrt und entwickelt hat. So klein dass sie für das freie Auge nicht sichtbar sind fressen sie sich mittlerweile nicht nur durch Fisch sondern durch alle Lebensmittel und hinterlassen mit ihren Ausscheidungen ein Produkt das immer irgendwie nach Fisch schmeckt. Nachdem wir in China begriffen haben was Kopi Luwak Kaffee so kostet haben wir diese Fischwürmer natürlich sofort gezüchtet und geringfügig manipuliert und verkaufen sie mittlerweile prächtig. Unsere Fischwürmer können beliebigen Küchenabfall und alle weiteren sonstigen organischen und anorganischen Stoffe mit etwas Dressur in gefrierfertige Fischstäbchen rausschei**en. Bisher waren dazu in der industriellen Massenfischproduktion noch Fischabfälle notwendig."
"Allerdings..." gibt Herr Zhu Pen zu "...verdanken wir unser bisher profitabelstes Produkt einem Italiener. Chinesische Touristen haben uns auf Danilo Di Lettante und sein Al Cemento aufmerksam gemacht, es gilt als die miserabelste Pizzaria in ganz Mittelitalien. Wie wir in Erfahrung bringen konnten verbraucht Herr Di Lettante im Monat um die 500 Schüsseln, unzählige Pizzaschaufeln und 2-4 Pizzaöfen, plus eine LKW-Ladung Besteck und Teller. Seine Pizza bleibt absolut überall kleben und ist wo immer sie haftet auch nicht mehr runterzubekommen. Er hat bislang nur deshalb wirtschaftlich überlebt weil sein gönnerhafter Onkel Küchenzubehörindustrieller ist und das Lokal an einer touristisch sehr frequentierten Transitstraße liegt. Wie wir in Forschungsarbeiten herausfinden konnten liegt die Ursache in einem bemerkenswert feuchtschimmeligen Keller wo nicht sehr hochwertiges Mehl älteren Datums gelagert wird, plus geradezu artistische Unfähigkeit bei der Teigzubereitung durch Herrn Di Lettante. Wir haben die Methode verfeinert und verkaufen den Teig in der ganzen Welt." Wir wollten wissen ob die Leute das wirklich essen wollen worauf Herr Zhu Pen verlegen ergänzt: "Nein, wir verkaufen es als Industrieklebstoff, über unsere Exportfirma in Singapore unter einem deutschen Markennamen. Mit sizilianischen und napolitanischen Bestattungsunternehmen, dort ist unser Produkt unter dem kecken Namen Pizza Mafioso auf dem Markt, machen wir fast 30% unseres Umsatzes."
Wir dankten für das Gespräch und verzichteten anschließend instinktiv auf den Besuch der Werkskantine von IFC. Obwohl die Erkenntnisse aus dem Gespräch sehr zukunftsversprechend klangen werden wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell weiterhin azyklisch handeln und den besseren Whiskysorten zusprechen.
(Bild: Fotograph / stock.xchng / Royalty free)
20.05.2007
Innovatives Fooddesign der Zukunft
Schlagwörter: Ernährung , Wissenschaft
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