08.06.2007

Printjournalist - ein aussterbender Beruf?

Wie Milan Frühbauer in der Printausgabe (!) des dieswöchigen Horizont (die alpenländische Wochenbibel der Werbewirtschaft) konstatiert sehe es schlecht aus mit Jugend und Tageszeitung - kaum einer der Jungen und Nachwuchskräfte informiere sich noch in den täglichen Printnews. Als hätten die klassischen Printmedien nicht schon genug Sorgen - sterben ihnen etwa bald die Leser aus? Finden wir bald ehemalige Starjournalisten an der Straßenecke, mit einem Spendenhut aus Zeitungspapier gebastelt und einer Tafel "Ich schreibe für Geld"?


Herr Frühbauer, ansonsten ein sehr heller Geist und scharfer Beobachter des Zeitgeschehens, hatte beim eingangs zitierten Artikel wohl nicht seinen besten Tag. Vielleicht hat er sich fürs Schreiben genauso viel Zeit genommen wie seine Leser fürs Lesen. Er kommt nämlich zum einseitigen Schluß dass hier wohl mangelnde Infosensibilität und Faulheit der jüngeren Lesergeneration zu beklagen wäre, selbst wenn man die PISA-verseuchte Schicht der solariumgetoasteten gepiercten tätowierten Knackwürste und Waschbrettbäuche aus der Betrachtung heraus nimmt welche sich ohnehin von zuviel Text (also alles was länger ist als ein halbes SMS) bedroht fühlt. Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell glauben dass es wohl noch andere Gründen haben wird warum die Nachkommenden heutzutage zunehmend auf die gedruckte Tageszeitung verzichten.

Zum einen wird es vermutlich auch daran liegen dass in den letzten Jahren nicht wirklich eine Qualitätsoffensive in den Tageszeitungen stattgefunden hat. Viele Beiträge und Nachrichten werden einfach von der staatlichen Presseagentur übernommen und der Leser bekommt unter einem dutzend verschiedener Zeitungslogos dieselbe politisch korrekte Einheitskost aus der Massenproduktion serviert. Beim Essen funktioniert Junkfood besser. Der Boom bei den Gratisprintmedien produziert hauptsächlich Inhalte die genausoviel wert sind wie der Leser dafür bezahlen muss. Gewiß sitzen bei den Printmedien auch Marketingprofis - viele Tageszeitungen wurden zuletzt dahingehend entrümpelt dass mehr bunte Bilder reingekommen sind und die Texte immer einfacher und kürzer wurden - convenience brain food eben. Die Nahrungsmittelindustrie ist ja auch kein Hort von finanziellen Deppen, von denen kann man kaufmännisch lernen wie man aus Abfall Geld macht.

Aber die Printmedienwelt hat ein ähnliches Problem wie die Musikindustrie - durch das Internet und neue Medienwelten geht gerade das junge Publikum längst eigene Wege. Im Musikbusiness ist man kläglich daran gescheitert mit ausgeklügelten Kopierschutzmechanismen das Geschäft zu sichern, im Tageszeitungsbereich werden wohl über kurz oder lang die Onlinegeschäfte das Printprodukt stützen, und da die Onlinedienste heutzutage immer mehr von den Lesern getragen werden (user generated content) könnte man die Presseagenturkopierer (=Journalisten) ja auch einsparen?

Gerade wenn es um Information geht ist die gedruckte politisch korrekt weichgespülte Tageszeitung längst nicht mehr sexy genug für die internetfitte junge Generation. Wer sich z.B. seine tägliche Dosis Klassenkampf reindröhnen will der liest die entsprechenden Hardcoreblogger (und nicht die sich selbst unabhängig bezeichnende Tageszeitung mit stramm politisch eindeutiger Blattlinie), surft auf dubiosen Verschwörungsseiten rum und kopiert dann das was er oder sie gefunden hat ein paar tausend mal in die wichtigsten Diskussionsforen rein. Es muss schon das harte Zeuchs sein das nicht strengen Mediengesetzen unterliegt.

Natürlich muss man auch dazu sagen dass viele Printmedien sich mittelfristig betrachtet selbst in den Altpapiercontainer geschrieben haben werden. Denn - die Produktion einer täglich gedruckten Zeitung produziert eine häßliche Menge an bösem CO2-Ausstoß, noch gar nicht die antropogähnenden Leser miteingerechnet. Noch sind die Politiker abhängig von wohl gesonnenen Hausmedien und "Freunden" in der jeweiligen Redaktion, aber sobald die Parteien und Gesinnungskreise endgültig das Web 2.0 erobert haben ist es nur mehr eine Frage der Zeit bis die Politik eine saftige Klimaschutzabgabe auf Zeitungen und Printmedien einführt um die Klimawandler zu beruhigen (die neue Steuer wird natürlich zweckgebunden in Abgeordnetengehälter und Parteienförderung fließen). So gesehen könnte das nochmal ein böser Boomerang werden für all die Printmedien die zuletzt so fleißig bei der Klimahysterie mitgeholfen haben.

Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell werden daher auch gar nicht in den Printbereich gehen sondern immer elektronisch und virtuell bleiben. Und auch mit den letzten Qualitätszeitungen untergehen, schließlich gibt es auf dieser Seite keine Pornovideos, dafür viel zu viel Text. Das kann beim mehrheitlich verfügbaren heutigen Publikum ja gar nicht gutgehen...

(Bild: LotusHead / stock.xchng / Royalty free)