16.06.2007

Staatliche Tempolimits gerecht verteilen

Es ist ein regelmäßiges verkehrspolitisches Gesellschaftsritual : zuerst werden Straßen großzügig ausgebaut, dann kommt ein Feiertagswochende oder ein großer Ferienbeginn, dann der übliche beklagenswerte kurzfristig geballte Blutzoll auf den Straßen und sofort sind sie da : populistische Politiker und selbsternannte Verkehrsexperten die die eben ausgebauten Straßen mit straffen Tempolimits schützen wollen. Wir haben herausgefunden dass diese Leute nicht die einzigen sind denen heute alles irgendwie ein wenig zu schnell geht...


Über die nächste Tempolimitdebatte brauchen wir hier nichts zu schreiben, sie kommt bestimmt beim nächsten Pfingstwochenende, GTI-Treffen oder beim kollektiven Semesterende-in-den-Urlaub-rasen. Wir haben bei unseren Recherchen zu Tempolimits allerdings herausgefunden dass es viel mehr Aspekte im täglichen Leben gibt und viel mehr Forderungen nach Geschwindigkeitsbeschränkungen als in der breiten Öffentlichkeit bekannt wird. Daher lassen wir heute mal jene zu Wort kommen die (berechtigt) sonst selten in den Medien Gehör finden.

Zum Beispiel waren wir bei der Tierschutzgruppe Vier Flügel. Deren Sprecher Christof Gelsner erklärt uns : "Jährlich sterben Millionen unserer Mitinsekten durch Straßenverkehr im weitesten Sinne. Denken Sie nur daran was alles so auf ihre Autoscheiben klatscht wenn sie über die Autobahn brettern. Daher treten wir ein für Tempo 10 auf Autobahnen für den Insekten- und den Klimaschutz. Tausende Bienen die durch Bestäubung unsere Umwelt pflegen werden von Menschen auf Badeseen zertrampelt oder von Freizeitradlern angefahren. Wir sind daher für ein Verbot von Badeseen und eine allgemeine Helmpflicht für Bienen die von den Imkern umgesetzt werden muss."

Etwas schräge Ideen wie wir fanden, aber da waren wir noch nicht bei den nächsten Interviewpartnern. Wie z.B. Rosanna Liebknecht von der Aktionsgemeinschaft Internetschutz. Sie erläutert uns : "Das Internet ist heute ein Hort der Kinderpornografie und des Rechtsextremismus. Wir müssen die Leute schützen und verhindern dass pornografische Bilder und Videos von Minderjährigen oder etwa rechtsextremes Liedgut einschränkungslos verbreitet werden kann. Bestehende Gesetze greifen dagegen bislang zu kurz. Wir treten daher für staatliche Tempolimits im Internet ein. Sprich die Provider müssen endlich Übertragungsgeschwindigkeiten reduzieren. Wenn das Hochladen selbst des kleinsten Schmutzbildes eine Ewigkeit dauert oder wenn man sich das Horst-Wessel-Lied nur nach 50stündigem Download auf den iPod laden kann, ja dann ist ein großer Schritt gegen Kinderpornografie und Rechtsextremismus im Netz getan!"

Wir verzichteten darauf Frau Liebknecht zu fragen ob ihr bewusst sei dass dann auch kein Mensch binnen eines Tages die Homepage der AG Internetschutz laden können wird. Sondern interviewten darauf Herrn Ewald S. (Name geändert, möchte anonym bleiben) von der Beamtengewerkschaft. Er beklagt sich : "Unsere Gewerkschaftsmitglieder sind unerträglichen Zuständen ausgeliefert. Früher, ja da konnte man sich das noch ein wenig einteilen ob man heute einen Akt bearbeitet oder nicht, heute steht alles im Zeichen von Bürgerservice. In manchen Bereichen hat man sogar schon maximale Bearbeitungsdauern festgelegt, oder Externe werden hereingeholt um Studien zu machen wie man Bearbeitungen schneller durchführen kann. Wo soll das bitte hinführen? Als Staatsdiener haben wir einen Anspruch darauf dass uns der Staat dient. Wir von der Beamtengewerkschaft fordern daher 12% mehr Lohn und strenge Tempolimits für die Aktenverarbeitung, so wie früher halt, weil hier werden wohlerworbene Rechte systematisch zerstört."

Zuguterletzt wurden wir noch auf ein etwas sensibleres Thema gestoßen. Dazu sprachen wir mit Heidelinde Kummerl vom Bund frustrierter Ehefrauen. Sie seufzt : "Schauen Sie, als ich noch jünger war und mein Gottfried auch, dann haben wir oft lange und viel und ausgiebig ...naja, Sie wissen schon." (wir nickten höflichkeitshalber) "Aber heute..." setzt Frau Kummerl fort "...ist das ein schnelles liebloses Pflichtspiel. Ich meine okay, ich bin über die Jahre ein wenig runder geworden - aber bitte immer noch sehr gepflegt und apart! - aber mein Gottfried macht immer nur schnell ruckzuck, ist fertig und schläft ein. So komm ich nicht auf meine ehelichen Rechte, und das geht auch allen anderen Frauen so in unserer Runde. Wir fordern daher staatliche Tempolimits für den ehelichen Geschlechtsverkehr. Und wenn sich Männer nicht an die Tempolimits halten so soll man entsprechend die Scheidung einreichen können und entsprechende gütliche Entschädigung einklagen können. Ich meine, das was man so im Fernsehen sieht, darauf muss auch die einfache Frau von der Straße ein Recht drauf haben, nämlich!"

Wie auch immer, diesen Beitrag haben wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell relativ rasch geschrieben. Jetzt dürfen wir ja noch, bis die staatlichen Tempolimits fürs Schreiben eingeführt werden...

(Bild: darrenk / stock.xchng / Royalty free)