18.06.2007

«Wir pushen jeden Web 2.0 Dienst in die Gewinnzone...»

Heutzutage ist es bereits normal sich z.B. Demonstranten zu mieten, oder sich schöne Freunde zu kaufen wenn das eigene Umfeld zu wenig hip ist, also ist es nicht weiter verwunderlich wenn es auch bereits Spezialisten gibt die kaufmännisch lahmenden Web 2.0 Ideen auf die etwas andere Art unter die Arme greifen, gegen gutes Geld natürlich. Wir besuchten eine Insideradresse und recherchierten wie diese Profis arbeiten...


Web 2.0 ist ein faszinierender Wirtschaftszweig und boomt nun auch gewaltig in deutschsprachigen Landen. Und jeder will damit Geld verdienen (hatten wir das nicht mal schon in der ersten New Economy Blase als man ohne Idee, mit einer alten Garage und 20000 Mark Schulden spielend 97 Mio Dollar Marktkapitalisierung an einer der Tec-Börsen erreichen konnte?). Web 2.0 basiert grundsätzlich auf dem Konzept das man etwas ins Internet stellt ohne dem die Leute bislang auch super blendend ausgekommen sind, die Besucher animiert selber für die Inhalte zu sorgen und dazu bringt sie sogar noch für ihre eigene Arbeit zahlen zu lassen. Interessanterweise funktioniert das. Allerdings drängen mittlerweile soviele Web 2.0 Dienste auf den Markt (inklusive einer Menge von Kopien der Kopien von Kopien amerikanischer Ideen) dass viele Web 2.0 Startups ein Problem haben echte Communities zu bilden. Und kommen die Leute nicht von selbst muß man halt etwas Geld in die Hand nehmen...

UNTERNEUNTUPFING Aktuell sprach mit Herrn F. der aufgrund seines sensiblen Geschäfts ungenannt bleiben möchte. Herr F. erklärt uns : "Wir betreiben offiziell eine seriöse Internetberatungsagentur, unser Kerngeschäft sind aber Dienstleistungen der besonderen Art. Empfohlen werden wir idR in Insiderkreisen durch Mundpropaganda. Viele Web 2.0 Startups haben das Problem dass sie niemals die kritische Benutzermasse erreichen ab der das Ding von selber läuft. Genau dort setzen wir an - wir pushen jeden Web 2.0 Dienst in die Gewinnzone. Zum Bleistift hatten wir mal einen Klienten der ein neue Community rund um Kunstrasen ins Netz gestellt hatte. Technisch brilliant gelöst, aber die Nische war vermutlich thematisch doch ein wenig zu eng gewählt. Also haben wir den Kunstrasenchat um ein paar weitere Räume und Foren erweitert, u.a. mit den Themen Politik, Ernährung, Glauben und natürlich SEO. Dann haben 30 Mitarbeiter von uns dort die wüstesten Diskussionen begonnen, natürlich von uns selber moderiert. Über in andere Foren eingeschleuste Agenten von uns konnten wir dadurch Fundamentalisten aller Arten abwerben die sich nun im Kunstrasenforum aufs Übelste mit Inbrunst beflegeln. Wir haben dafür gesorgt dass das Kunstrasenforum der Platz ist wo sich Veganer und Antiveganer, Antifaschisten und Nationalisten, Atheisten, Muslime und Christen so richtig austoben dürfen. Es spricht zwar dort keiner mehr über Kunstrasen, dafür brummt der Laden und finanziert sich durch Werbung jetzt prächtig."

Wir wollten von Herrn F. wissen ob sein Geschäft also primär daraus bestünde am Anfang gekaufte Mitglieder zu stellen. Herr F. widerspricht : "Nein, das ist nur eine von vielen Varianten. Zum Beispiel hatten wir auch einen Klienten der die x-te SMS Singlebörse hochgezogen hat, mit der Idee dass sich weibliche Singles anmelden konnten und Männer diese Weibchen dann per Mehrwertnummer anrufen müssen. Das Design war eigentlich ganz nett gemacht, aber der Klient hatte die schwachsinnige Idee das mit ganz realen weiblichen Singles starten zu wollen. Also hatte er am Anfang nur grenzopulente Supermollies, hochneurotische Prinzesschen, verwelkte Katzenladies und Mauerblümchen die beim Selbstversuch sich modern zu stylen furchtbare optische Verwüstungen an sich hinterlassen haben. Bei einer solchen Auswahl ruft nicht mal der notdürftigste Mann an. Wir hatten dann unsere Kontakte spielen lassen und die ersten 40 Profilseiten durch Damen ersetzt die hauptberuflich Dienstleistungen im Eheersatzgewerbe durchführen. Da die meisten dieser Damen nur die Sprache der Liebe und kein Deutsch sprechen heben hinter den Mehrwertnummern nun junge einheimische Studentinnen ab die sich ein paar Euro dazu verdienen wollen. Seitdem können alle Beteiligten ganz gut davon leben, einzig die anrufenden Männer kommen weder zu einer schnellen noch zu einer langsamen Nummer. Aber das Reservoir an Neukunden ist hier praktisch unendlich, wenn Sie verstehen was ich meine..."

Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell hatten nach dem Gespräch das Gefühl wieder eine Menge dazugelernt zu haben und verabschieden uns wieder einmal von einem weiteren Stück des Glaubens an das Gute im Menschen. Die Visitenkarte unseres Gesprächspartners haben wir uns sicherheitshalber aufgehoben, man weiß ja nie, vielleicht brauchen wir später mal...

Satirische Beiträge zu Social Network, Online Community und Internet Web 2.0 :


(Bild: hellori / Quelle / Royalty free)

      2 Lesermeinungen:

      Anonym hat gesagt…

      Gratuliere - lustiger bericht!

      Rick hat gesagt…

      Danke :)