11.06.2007

eGames der Breitensport des 21.Jahrhunderts?

Anfang der 80er des letzten Jh. kamen die ersten Tricotronic Minikonsolen auf den Markt und junge Nachwuchsspieler träumten davon dass Computerspielwettbewerbe mal olympisches Gold und Preisgelder für Profis bringen würden. Seitdem haben sich ein paar technische Revolutionen und Evolutionen bei Computerspielen ereignet, aber die großen Träume der Spieler sind dieselben geblieben. Und vermutlich war Computerspielen noch nie so nah drann als Sport anerkannt zu werden...


Für die reiferen unter unseren werten Lesern die von den gängigen Spielekonsolen, Marken und Betriebssystemen genauso viel wissen wie von den Zuchterfordernissen der kirgisischen Sumpfsteppenziege : es sind immer noch Computerspiele, nur sagt man halt heute eGames dazu. Derzeit. Wer Kinder hat weiß dass man die Racker damit stundenlang ruhig stellen kann, aber die Zeiten sind vorbei in denen nur Schulkinder am Computer rumgespielt haben. Heute mischen Kinder bis ins Rentenalter beim Gaming mit, die Technik wird immer realistischer (in der Grafik, nicht in dem was dargestellt wird) und selbst der eine oder andere Sender im Fernsehen überträgt schon Wettbewerbe bei denen Computerspieler in einer Sportspielvariante gegeneinander antreten. Wird also Computerspielen der Massensport des 21.Jahrhunderts?

Nun, konzentrieren wir uns auf das Sportspiel und machen wir den Härtetest - was wird wohl eher in der heutigen Zeit Zulauf finden : analoges Fussballspielen oder digitales Fussballspielen? Analoges Fussballspielen ist extrem unsexy für einen erfahrenen Gamer : hier müsste man das selber und in der freien Natur machen, wo es auch mal scheußliches Wetter haben kann, und kalt und feucht sowieso. Man müsste im analogen Sport 90 Minuten sich die Stangen Marlboro aus dem Leib keuchen, jede körperliche Folge schlechter Ernährung und mangelnder Bewegung bitter büssen und hätte dabei nur mäßigen Fun : schließlich kommt der typische Hobbykicker weder athletisch noch ballesterisch an einen Kreisligaspieler ran, Ronaldinho ganz zu schweigen. Dafür tun analoge Fouls so richtig weh. Und anschließend muss der analoge Gamer noch jemand finden der die ganze schmutzige Sportwäsche wäscht und bügelt, und auch Mutti wird irgendwann zu alt dazu.

Sollten wir uns daher wundern wenn der Zulauf zu digitalen Sportspielen ungebrochen anhält, auch in Alterstufen die zumindest biologisch schon ein wenig erwachsen sind? Den digitalen Fussball kann man bequem drinnen ganz ohne Laufen machen, auf der Couch, und sogar während dem Spiel das eine oder andere Bierchen zwitschern. Digital schlägt selbst der unsportlichste Mensch jeden analogen Flankengott, die 90 Minuten Distanz ist null Problem, und beim Trikottausch mit der Freundin vom Kumpel gucken anschließend auch nicht 70.000 im Stadion zu. Die perfekte Illusion mit Null Anstrengung, genauso muss Sport sein wenn er die Massen zum Mitmachen bewegen will. Wenn interessieren da noch öde Volksläufe und das ganze mühselige Zeuchs?

Und da der Massengeschmack irgendwann immer als Phänomen sich Durchbruch verschafft kann es auch nur mehr eine Frage der Zeit sein bis eGames als Breitensport anerkannt werden. Der Sport der genau in unsere Zeit passt. Was viele nicht wissen, auch der Dartsport entwickelte sich ähnlich. Im 17.Jh wurde von grobschlächtigen normannischen Männern auf der britischen Insel noch im Freien geworfen, mit Speeren ähnlich wie sie heute in der Leichtathletik verwendet werden, über 40 Meter Distanz auf 10 Meter hohe Zielscheiben. Es war unter den strammsten Burschen zwar beliebt, aber mit dem zunehmenden Wohlstand der Bevölkerung und der wachsenden Pubtradition in Great Britannia verlor die Ursprungsform an Bedeutung. Erstens stand den Urdartern das englische Wetter zum Halse raus, und außerdem gab es auch damals kaum ein Pub in dem einigermaßen gefahrlos über 40 Meter Distanz Pfeile geworfen werden konnte. Daher miniaturisierte man das Spiel, in den letzten Jahrzehnten elektronisierte man Darts noch zusätzlich und heute wird es als Sport anerkannt, mit den wohlgerundetsten Wettkämpfern gleich nach Sumo.

Was uns natürlich auch zu den Gefahren führt wenn eGames als Breitensport anerkannt wird. Es wird, wie man beim Dart gesehen hat, ein Sport für die Breiteren werden. Irgendwann wird auch der Kommerz den eGames-Sport erobern, Funktionäre (die selber keinen Computer bedienen können) werden wie Pilze aus dem Boden sprießen und bei Großveranstaltungen Sponsoren und Veranstalter wie Weihnachtsgänse ausnehmen, eGamer werden unter Leistungsdruck mit mehr als nur Bier, Chips, Zigaretten und Energiedrinks dopen - und das allerschlimmste wird sein : die Dopingcontrollen bei eGamern werden sicher analog durchgeführt werden.

Vielleicht überlegen es sich die hoffnungsvollen Computerspieler also doch noch mal ob sie wirklich wollen dass ihre Vergnügung als echter Sport anerkannt wird. Denn das heißt dann auch nach mäßigen Erfolgen von radikalen Fans mit echten Eiern beworfen zu werden wenn es anschließend nach dem Wettkampf zur Pflicht geht vor den Augen eines oder einer strengen Dopingkontrolleurin die realen Hosen runterzulassen um das Wasser abzuschlagen, ganz real und ganz analog...

(Bild: Wikipedia / Public Domain)