28.09.2008

Wahlen in Österreich : Sturz in den Rechtsextremismus?

parlament Natürlich stürzt Österreich nicht in den Rechtsextremismus nach der gerade geschlagenen Nationalratswahl. Aber weil sich die Österreicher die Frechheit herausgenommen haben, die amtierende Regierung vernichtend abzuwählen, und die Stimmen nicht den verschiedenen Kommunisten zugeschlagen wurden, werden die Medien sich mit entsprechender Schlagzeilen überbieten...

Rechter Erdrutsch-Sieg in Österreich - wenn man ausreichend links steht

Die meisten LeserInnen dieses Revolverblatts kommen aus Deutschland und der Schweiz. Nachdem es in Österreich ja nun keine LINKS Partei gibt wie in Deutschland, die man nach dem nächsten Wahltriumpf dann geschlossen zu Kerner einladen kann, haben sich die Österreicher bei der aktuellen Wahl entschlossen, ihrem Unmut mit den zuletzt von der großen Koalition gezeigten Nicht-Leistungen durch eifrige Stimmabgabe für die FPÖ und das BZÖ freien Lauf zu lassen. Es ist anzunehmen, dass die Blätter in der Schweiz und in Deutschland dies als radikalen Rechtsruck berichten werden. Was mehr über die berichtende Zeitung als über die politische Lage in Österreich aussagt.

SPÖ - alles Geld des Steuerzahlers hat nicht gereicht

Wie immer professionell war der Wahlkampf der sozialistischen Demokraten. Man hatte sich ausreichend bei der größten österreichischen Tageszeitung eingeschleimt, der Spitzenkandidat ließ sich nicht nur von den Staatsbahnen Wahlkampf bezahlen, und in letzter Minute peitschte man noch teure Wahlgeschenke im Parlament durch - der (aus Sicht der Linken) dumme Wähler dankte es mit rund minus 7%. Wie immer nach einer Niederlage erkannte man in den ersten Stellungnahmen danach von der entsprechenden Gesinnungsgemeinde keinerlei Anzeichen zum Drang nach Selbstkritik, vielmehr haderte man mit der "Dummheit der Wähler" (ein Hadern das in Österreich nur mehr die Grünen besser können).

ÖVP - auf der Suche nach dem unbeliebtesten Kanzler Kandidaten

Hatte die Volkspartei im vorangegangenen Spitzenkandidaten Wolfgang Schüssel schon eine Person, die menschlich von den Bürgerinnen so herzenswarm geschätzt wurde wie ein Suppositorium, legte man mit Herrn Molterer diesmal noch einen drauf. Der Wähler honorierte die Leistungen und den Spitzenkandidaten mit rund minus 10%. In den ersten Reaktionen der Partei erkannte man zwar so etwas wie eine Ohrfeige, aber ob es große Veränderungen geben wird, darf man bezweifeln? Wie bei den Sozialdemokraten sind lauter Leute am Ruder, die in ihrem Leben nichts Anderes gemacht hatten als Politik (und die lausig). Wohin sollte man solche Leute denn nun unterbringen?

Grüne - nicht mit mir

Österreichs Öko-Kommunisten hatten im Wahlkampf auf Themen gesetzt, die in den heutigen Zeiten die Menschen auf der Straße wirklich bewegen - Karenz für Väter, Bessere Bedingungen für Asylwerber, und ein paar weitere Sachen an die sich nur eingefleischte Grünwähler erinnern können. Die unabhängige Plattform Wahlkabine.at (eine Plattform bei der man anhand eines ausgefüllten Fragebogens einen Vorschlag erhält, welches Wahlprogramm der jeweiligen Partei am ehesten zu den eigenen Vorstellungen passe, es gibt ähnliches in der Schweiz und in Deutschland) sah die Grünen ein wenig links von den Kommunisten. Landesweit affichierte man die Kampagne "Nicht mit mir". Die Wähler dachte offensichtlich ähnlich, die Grünen bekamen von den Protest Stimmen genau gar nichts ab.

FPÖ-Kampagne und die Pflasterstein-Demokraten

Ein Wahlgewinner ist die FPÖ. Linksgerichtete Zeitungen sehen die FPÖ ungefähr zwei Kontinente rechts von der NSDAP. Etwas objektiver könnte man einem Nichtösterreicher jedoch die FPÖ als eine Bewegung beschreiben, die auf den selben Stammtischen nach WählerN fischt wie die Sozialdemokraten (die Praxis), ein Wahlprogramm hat, das eher wirtschaftsfreundlich wäre (nur in der Theorie), und mit H.C.Strache einen Spitzenkandidaten stellt, der an sein Publikum genauso hohe intellektuelle Anforderungen stellt wie etwa Mario Barth, Verona Feldbusch, oder etwa Oskar L.

Den Wahlkampf der FPÖ begleiteten stets eine Gruppe von Pflastersteindemokraten von der anderen Seite des politischen Spektrums, stets mit ein paar Wurfgeschossen bei der Hand, um ihren Sinn für Demokratie und Meinungsfreiheit zu demonstrieren. Da man in Österreich noch nicht Kölner Verhältnisse hat, wurden die Freiheitlich auch noch nicht eingesperrt, weil deren Wahlveranstaltungen von Linksextremisten (für politische Korrekte : autonome Freiheitskämpfer für Meinungsfreiheit und soziale Gerechtigkeit) gestört wurden. Sollte die FPÖ nun in Regierungsverantwortung treten, wird sie dasselbe Problem haben wie jede Führer-zentrierte populistische Partei auch : wie zum Teufel setzt man nun das versprochene um? Und vor allem mit welchen Leuten?

Haider-Comeback mit dem BZÖ

Die andere Hälfte der Proteststimmen sackte sich der deutlich altersmilde Jörg Haider ein, er gilt als eigentlicher Wahlgewinner. Wahlkabine.at sieht das BZÖ zumindest laut Wahlprogramm als wirtschaftsliberale Antwort auf den Austro-Kommunismus, aber kaum ein Österreicher kennt aktuell neben Jörg Haider auch nur irgendeinen verbliebenen BZÖ-Politiker, und wenn der dann auch bislang noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sein soll, dann wird es komplett zappenduster.

Das Verhältnis zwischen BZÖ und FPÖ ist aktuell ungefähr so unbelastet wie zwischen den Bündnern und der übrigen SVP in der Schweiz. Sowohl der FPÖ-Strache, als auch der BZÖ-Haider besitzen beide ein Ego ungefähr in der Größe von Südamerika. Es wird abzuwarten sein, ob nach den ersten Siegesfeiern dann in den nächsten Wochen das Pflichtbewusstsein für das Land oder die Egos der beiden Herren größer sein werden. Und im unwahrscheinlichen Fall des Ersteren : wie lange wird der labile Zustand anhalten?

Der Rechtsruck findet nur in den linken Medien statt

Wer als Deutscher oder Eidgenosse wirklich nichts Besseres zu tun hat, als sich für österreichische Politik zu interessieren, sollte sehr vorsichtig sein mit reißerischen Überschriften in der Berichterstattung. Der Wahrheit am nächsten kommt : die bisherige große Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen hat eine schallende Ohrfeige von minus 15% bekommen. Die große Mehrheit der Österreicher hat vor der Wahl gesagt : "Es sind alle so lausig, ich weiß wirklich nicht mehr wen ich wählen soll." An der Börse würde man also das Wahlergebnis als technische Korrektur bezeichnen...

Weitere Artikel zu Wahlen in Österreich :

( Bild : Jonny K)

2 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Diese technische Korrektur, werter Rick, wird sich in den Nachbarländern ebenso einstellen.

Unsere Schweizer Volksgenossen, haben schliesslich auch schon 10% eingebüsst, obwohl die sich (gegen Aussen)in der rechten Politecke aufzuhalten pflegen.
Und wir haben sogar einen Alpenhaider, der sich auf das siebthöchste Amt im Staate vorbereiten lassen soll.

Rick hat gesagt…

Bei der Schweiz, guter Dan, kommen ein paar glückliche Zufälle zusammen:
a) die Schweiz war nie Teil des Deutschen Reichs
b) in der Schweiz bunkert steuerschonend ein internationales Vermögen
c) die Schweiz hat sich erst gar nicht der EUdSSR angeschlossen.

Wäre das anders, hätte man die Schweiz schon längst international von diesem Planeten verbannt, als der erste SVP-Funktionär auch nur in Tupperswil zum Balkonblumenbeauftragten gewählt wurde...