Wo liegt die Zukunft der Arbeit in einer Welt rasant fortschreitender globaler Arbeitsteiligkeit und im Fokus zunehmender Öffnungen von weltweiten Märkten? Prof.Berthold hat dazu eine sehr lesenswerte Abhandlung geschrieben. Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell glauben allerdings dass der Professor ein klein wenig daneben liegen wird, denn dieser Mann wusste einfach zuviel...
Unser heutiger Beitrag bezieht sich auf einen sehr interessanten Artikel von Professor Norbert Berthold zum Thema Die Zukunft der Arbeit auf Wirtschaftliche Freiheit.de. Sollte Ihnen werte(r) Leser(in) diese Plattform bislang noch kein Begriff sein - auf dieser Plattform schreiben renommierte Experten und anerkannte Vordenker über wirtschafts- und finanzpolitische Themen und Entwicklungen - inhaltlich und konzeptiv abseits der in den Massenmedien gängigen Links-/Rechts-Schemata (...nebenbei haben sie mit Hrn.Brunner einen tüchtigen Administrator der auch die kaputtesten RSS-Feeds wieder gesund pflegen kann;) Und natürlich leiden derart gebildete und gelehrte Menschen an den üblichen Sorgen die nunmal überdurchschnittlich Begabte und fleissige Geistesarbeiter so haben : durch die zunehmende Verblödung der Gesellschaft werden sie immer einsamer, die Zahl der Menschen mit denen sie sich einigermaßen noch auf Augenhöhe unterhalten können wird auch nicht gerade größer und natürlich das Hauptsyndrom - sie wissen einfach zu viel. Und übersehen dadurch manchmal das Offensichtliche weil es einfach viel zu wenig komplex ist (metaphorisch gesprochen : so ähnlich wie bei Formel 1 Boliden - die kosten auch Millionen, aber genug Ausfälle resultieren darin weil ein 50 Cents Teil wie zB eine kleine Schraube ihren Dienst versagt hat). Wir erlauben uns daher das Thema so aufzugreifen dass auch LeserInnen ohne VWL-Desertation, 12 Sylvestern BWL oder drei eigenhändig hochgezogenen Grosskonzernen mitlesen können.
Was den Artikel von Prof.Berthold so lesenswert macht ist seine Ausgewogenheit : Norbert Berthold beschreibt nicht nur die wohlstandskatalysierende Wirkung freier Marktzugänge sondern auch die Schattenseiten, er erklärt sowohl die benefits globalisierter Arbeitsteiligkeit als auch die backdrafts und differenziert nachvollziehbar welche Bevölkerungsschichten auf welche Art und Weise im jeweiligen Kontext mit Wandel und Veränderung zu rechnen haben. In seiner Darstellung über die künftige Welt, wie er fair dazuschreibt spekulativer Natur, bleibt Prof.Berthold im limitierten Postulat der überwiegend als Dienstleistungsgesellschaft strukturierten Wirtschaft als Fahnenstange einer fortentwickelten Gesellschaft. Als seriöser Fachmann erwartet man das von ihm vermutlich, wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell, völlig frei von wissenschaftlichem Ansehen das wir verlieren könnten, gestatten uns keckerweise darüber hinaus zu gehen und eine etwas andere Zukunft vorherzusehen.
Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell vertreten die gewagte These dass die wirtschaftliche und wohlständige Entwicklung einer Gesellschaft kein transitiver Prozeß von landwirtschaftlich über industriell hin zu dienstleisterlich geprägter Gesellschaft ist (mitsamt den daraus resultierenden Folgen für Arbeit und Einkommen), sondern ein Kreislauf von Steinzeit zu Steinzeit. Beginnen wir mit der Historie der Menschheit und überspringen dabei grosszügig Urknall und die Geschichte mit Adam & Eva bzw den Blumen und den Bienen. Die ersten Affenmenschenrudel waren limitiert in Entwicklung, Wohlstand & Lebenserwartung solange sich die Interessen der homo sapiens Vorgänger vornehmlich auf Jagen, Essen, Rudelkämpfe und natürlich die umfangreichen Belange der sagen wir Arterhaltung konzentrierten. Fortschritte machte der Mensch erst als er begann nicht nur im agrarischen Bereich systematisch und arbeitsteilig vorzugehen und Handel zu betreiben. Bis zum Anbeginn der industriellen Revolution war also der Fortschritt der Menschheit geprägt vom landwirtschaftlichen Sektor, ergänzt um die Kriegswirtschaft, ein paar Fuggern die das Finanzielle regelten und natürlich neurotischen oder größenwahnsinnigen adeligen Herrschern oder Kirchenfürsten die von Zeit zu Zeit ausreichend große Landstriche ausreichend kaputt machten und dadurch über den Wiederaufbau neue Konjunkturblüten förderten. Man kann also mit Unfug und Recht behaupten dass zB Neros Abfackelung von Rom oder die Pyramiden der alten Ägypter die Vorläufer der heute in sozialen Marktwirtschaften gängigen staatlichen Infrastrukturförderungsprogramme waren.
Zur Blütephase der industriellen Revolution erkannte der Mensch dann was mit Technologisierung der Produktion und Rationalisierung menschlicher Arbeit so alles zu erreichen ist, samt ihren Übertreibungen. Man fand heraus dass man damit die Produktivität und den Wohlstand geradezu rasant steigern konnte, auch fanden manche heraus dass rationalisierte Arbeiter in Arbeiterslums komischerweise irgendwann mal umfielen wenn sie nur lange genug 16 Stunden pro Tag arbeiteten, Frauen und Kinder inklusive, die ganze Woche hindurch. Das bewog dann unter anderen auch Herrn Marx dazu das eine oder andere Buch zu schreiben welches im fortfolgenden Jahrhundert ungefähr so viel verheerenden Schaden angerichtet hatte wie die Bücher von Herrn Schicklgruber oder jenes von Herrn Zedong. Nichtsdestotrotz - sobald eine Gesellschaft ausreichend vom agrarischen Sektor befüttert und vom industriellen Sektor mit Wertschöpfung genährt wird stellt eine Gesellschaft in der Regel fest dass zwar alle im Sold stehen - aber zwecks Arbeitsteiligkeit muss sich jetzt jemand um das Drumherum kümmern für das all die Bauern und Arbeiter keine Zeit mehr haben und die Beamten keine... nun wie auch immer. Das ist die Voraussetzung für den nächsten Übergang in eine Dienstleistungsgesellschaft.
Allerdings war der rasante Fortschrittsdrang und Wohlstandsgewinn für die Menschen des damals beginnenden 20.Jahrhunderts mental nicht verkraftbar. Wenn es dem Menschen zu gut oder zu schlecht geht stellt er in der Regel Unsinn an, einzig wenn er ausreichend in seinen Grundbedürfnissen gesättigt ist und gezwungen ist zu schaffen fehlt ihm die Langeweile oder der Zorn für Dümmeres. Man hat im 20.Jahrhundert dann versucht die konjunkturelle Überhitzung durch diverse Inflationen, schwarze Börsenfreitage und den einen oder anderen Weltkrieg in den Griff zu bekommen, allerdings hat das den rasanten Wohlstandsgewinn nur verzögern können. Der Kommunismus hat in Osteuropa viel geleistet um die Menschen wohlstandsmäßig nur ja nicht übermütig werden zu lassen, aber spätestens seit dem Fall des Eisernen Vorhangs drängen auch die ehemaligen COMECON-Staaten - die meisten heute bereits in der EU - in Richtung Dienstleistungsgesellschaft, einige sind schon am Sprung in die nächste Phase : die (Des)informations- & Freizeitgesellschaft.
Das Internet hat die Art und Weise wie wir heute arbeiten und leben grundlegend verändert und beeinflusst, im Guten wie im Schlechten. Auf der einen Seite wirkt das Internet katalysierend & beschleunigend bei Wirtschaftsprozessen aller Art, auf der anderen Seite beeinflusst das Internet auch das gesellschaftliche Leben. Ein großer Teil zB des Paarungsverhaltens westlicher Wohlstandsmenschen spielt sich heute überwiegend in Partnerbörsen und Chatrooms ab und es ist nur mehr eine Frage der Zeit bis Teenager mehr Geld ausgeben um ihren Avatar in virtuellen Welten wie Second Life einzukleiden als um sich selbst im analogen Leben textil zu versorgen. Definierte sich die Wirtschaftswundergeneration in ihrer Identität als arbeitsame fleißige Menschen so funktioniert das heute in einer Zeit in der durch Arbeitsteiligkeit und Technologisierung immer weniger menschliche Arbeit für das selbe Ergebnis notwendig ist nicht mehr. An der Pyramidenspitze der Mehrqualifizierten bildet sich eine immer größere Gruppe der Aussteiger-in-spe (siehe dazu auch die Printausgabe des Trend 2007/06), die breite Masse der sagen wir mal Nicht-so-Qualifizierten dämmert mangels Gefordertsein und Ambition in das letzte Stadium des gesellschaftlichen Entwicklungszyklusses hinüber.
Die letzte Stufe einer gesellschaftlichen Entwicklung ist die Verblödungsgesellschaft. Prof.Berthold beschreibt in seinem Artikel die Entwicklung von Einkommensverteilungen, wir erlauben uns die Entwicklung von Verstandsverteilungen zu besprechen (schließlich muss gemäß unserem Motto Wahnsinn gerecht verteilt werden). Nicht nur die berühmte Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, viel schlimmer ist die Schere zwischen Vif und Bescheuert. PISA-Studien bestätigen uns regelmäßig dass die intellektuelle Kluft zwischen Lehrtätigen und Auszubildenden in allen Ebenen jährlich wächst, Gewerbe- & Handwerksmeister die Azubis/Lehrlinge einstellen neigen zunehmend zur frustbewältigenden Trunksucht angesichts der immer wenigeren Aspiranten die sich wenigstens in einem äußerlich noch einigermaßen erträglichen Zustand bewerben, die Feuilletons angesehener Printmedien wurden entweder längst eingestampft oder werden zunehmend nur mehr zum Einwickeln von Fisch/Kopfsalat auf Marktständen verwendet, in denen Medien dominieren die Soundbits und die Internetgesellschaft ist längst bei Twitter und Co angekommen, wer die Textlängenbeschränkung einer Standard-SMS voll ausschöpft gilt heute bereits als Schwätzer.
Kundige Ökonomen hören nie auf zu warnen dass die demografische Entwicklung und die geltenden Gesetzesgrundlagen in sozialen europäischen Marktwirtschaften früher oder später die staatlichen Rentenpyramidenspiele und Sozialsysteme kippen werden. Die größte Steuerlast im progressiven Steuersystem tragen immer weniger Gutverdiener, und vor allem : immer weniger Erwerbstätige müssen mit ihrer Erwerbsarbeit immer mehr Menschen stützen die entweder noch nicht oder nicht mehr erwerbsfähig sind, oder heute nicht zu vernachlässigen - nicht mehr erwerbswillig sind. Egal ob diese Entwicklung nun eine degressive, lineare, progressive, aggressive oder depressive Linie darstellt, mit den heute bekannten mathematischstatistischen Verfahren kann man leicht ausrechnen bis in wie vielen Jahren genau der eine arbeitende Idiot überbleibt der alleine in Deutschland jährlich eine Steuerleistung von dann rund 350 Mrd Euro erwirtschaften muss. Und da das möglicherweise für einen einzigen Menschen alleine ein klein wenig zuviel ist wird sich diese Person vermutlich konsequent mit dem Gedanken an eine Auswanderung möglichst weit weg von hier auseinandersetzen.
Nur wird es, berücksichtigt man allerdings die Transition zur Verblödungsgesellschaft mit ein, gar nicht soweit kommen. Genauso wie die finanzielle Hauptlast von immer weniger Bürgern getragen wird so wird in der 5ten Stufe einer gesellschaftlichen Entwicklung auch die intellektuelle Last von immer weniger Personen getragen. Man kann davon ausgehen dass irgendwann der Zeitpunkt gekommen sein wird wenn nur mehr rund 80 Leute auf diesem Planeten einigermaßen wissen wie dieser Planet am Laufen gehalten werden kann. Und wenn es soweit ist werden sich diese 80 dann sicher persönlich kennen, beim Vornamen, nebst Gatte / Gemahlin / Lieblingshaustier. Und dann kann es passieren dass sich alle 80 zum Kongreß oder zum Gedankenaustausch auf höchster Ebene treffen. Und wenn dann ein kulinarischer Unfall passiert weil etwa der Fisch nicht mehr ganz frisch war geht auf der Welt das Licht aus weil keiner mehr in der Lage ist den Schalter zu bedienen, geschweige denn die notwendigen sinnbildlichen Leitungen zu verlegen. Worauf unser eingangs postulierter Kreislauf der gesellschaftlichen & wirtschaftlichen Entwicklungszyklen wieder zu Ende und Anfang kommt : nach einem kurzen heftigen Absturz in die Barbarei weil das Wissen von 99% der Bevölkerung in der Freizeit- und Spaßgesellschaft bei der Bedienung des nun finsteren Fernsehers endet werden jene aus den barbarischen Scharmützeln am besten hervorgehen die als Erste erneut herausfinden wie man Acker & Boden bestellt um ohne industrielle Massennahrungsmüllindustrie wieder etwas Essbares herzustellen, eine neue auf Agrarwirtschaft & -arbeit bauende Gesellschaft wird sich wieder von vorne formen.
Was können wir also hier und heute an der Wende von Dienstleistungsgesellschaft zu Informationsgesellschaft/Freizeitgesellschaft hin zur Verblödungsgesellschaft lernen und für die Zukunft mitnehmen? Vielleicht dass Experten wie Prof.Berthold in Hinkunft noch sorgfältiger sein sollten wenn es bei einem Arbeitsessen Fisch von zweifelhafter Herkunft gibt. Es könnte wie oben beschrieben der Anfang vom Ende sein...
(Bild: abo / stock.xchng / Royalty free)
26.06.2007
Von Steinzeit zu Steinzeit - die Zukunft der Arbeit
Schlagwörter: Wirtschaft
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