Ein Grundprinzip von zeitgenössischen Web 2.0 Diensten besteht ja darin dass es einer möglichst großen Community bedarf wo jeder mitmachen soll und gratis jenen Content produzieren soll mit dem der Betreiber dann sein Geld verdient. Dass dieser freie Zugang möglichst vieler Mitglieder auch nachteilig sein kann weiß jeder Moderator aus leidvoller Erfahrung zu berichten, je später der Dienst desto nicht unbedingt besser die Gäste. Neue Social Networks treffen daher penible Selektion...
Soziale Eliten
Im realen Leben (Hinweis an die Blogger: jene sinnlose Überbrückungszeit in denen Ihr nicht online seid) gehen die Schönen und Reichen dieser Welt auch nicht in die Fankurve West oder ins erdige Bierstüberl, sondern ins VIP-Zelt oder in den Szeneclub mit Türsteher. So nimmt es nicht Wunder dass es auch im Bereich der Social Networks dergleichen Entsprechungen für die (ab)gehobeneren Leute bedarf. Wie Die Presse berichtete gibt es das nun demnach auch für das Web 2.0 : aSmallWorld zum Beispiel wurde gegründet für Menschen denen MySpace oder Facebook zu prollig, zu grindig oder schlicht zu gewöhnlich sind. Rein kommt nur wer dazu passt, und das inhaltliche Angebot der Plattform orientiert sich natürlich wie ein PlatinumCard-Magazin der bekannten Kreditkartenfirmen an die gezielte Klientel. Für uns Grund genug zu einem Anlaß um zu recherchieren was sich im Bereich Social Networks für Eliten sonst noch alles im World Wide Wimp anbahnt und abspielt.
Soziale Auslese
Das Prinzip der sozialen Kundenauslese ist ja an sich nichts Neues. Meistens geschieht die Auslese über den Preis - schlechtes Benehmen, armselige Umgangsformen oder lausiger Charakter sind zwar per se kein Privileg einer bestimmten sozialen Schicht, aber grosso modo wird unter wohlständigeren Leuten auf einem doch höheren, hygienischeren und kultivierteren Niveau intrigiert und von hinten hineingegrätscht. Bei Urlaubsreisen zB wird in den höheren Kreisen dann das Buffet mit weniger Leuten etwas weniger ekelhafter und unappetitlich gesaut, das ist einem dann vielleicht doch einen gewissen Aufpreis wert. Oder man denke zB an hochpreisige Partnervermittlungen: anders als in den Gratisbörsen wo die Kontakte auch entsprechend billig sind kann man bei den hochpreisigen Partnerbörsen damit rechnen dass a) der Anbieter steinreich ist und b) man Menschen vermittelt bekommt die auf viel solventerem Niveau neurotisch und beziehungsunfähig sind.
Soziale Alternativen
Jede Web 2.0 Idee aus Amerika wird bekanntlich in Deutschland bereits geklont bevor sie in Amerika noch richtig online gegangen ist. So soll zB der deutsche Twitter-Klon für besser situierte und deplazierte - aSmallTalkr.de - bereits in den designergepolsterten Startlöchern stehen. Oder etwa auch Fore!EverYoung.com, eine Golfercommunity wo sich die virtuelle Platzreife über ein entsprechendes monetäres Handicap definiert. Auch CashForce.net, eine Plattform für Very-Closed-Source Programmierer der höchsten Steuerklasse soll schon sehr weit gediegen sein.
Executive Class News
Gut informierte Hamsterflüsterer wollen zudem gehört haben dass selbst Deutschlands größter Social News Dienst eine YiGG Platinum Edition plant. Zugang bekommt nur wer einen höherpreisigen VIP-Account löst (in der Größenordnung des Monatsverbrauchs an Cola und Kartoffelchips eines durchschnittlichen YiGG-Programmierers), allerdings dafür auch einige Goodies: es gibt keine Warteschlange sondern nur FrontPage Artikel für alle Teilnehmer. Jeder Artikel startet mit 25 Punkte, AutoVoter erledigen das lästige Abstimmen und Durchforsten anderer Beiträge. Alle Benutzer haben mindestens 8 Orden. 20 Chinesische Leihclicker sorgen bei eingestellten Blogbeiträgen für angemessenen Traffic.
Soziale Gerechtigkeit
Soziales Fazit
Ganz ehrlich, auch wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell treffen penible Selektion. Vielleicht unterschwellig, aber wir tun es. Zugegeben. Ganz arrogant. Da UNTERNEUNTUPFING Aktuell ein karitatives Projekt ist schließen wir mal alle aus die nur egoistisch Kohle machen wollen und sich nicht für andere Menschen interessieren. Die fühlen sich hier nicht wohl, da fällt schon mal viel weg. Dann sind wir ein Satiremagazin. Das vertreibt alle militant Humorlosen und jene die sich wegen jedem Wind beleidigt fühlen. Bleibt dann nicht mehr viel übrig. Die wo überbleiben sind aber wirklich tolle Leute. Echt. Und diese Menschen sollen sich unter Ihresgleichen hier besonders wohl fühlen.
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Weitere Links zu Web 2.0 und Social Dings:
Tourismusbranche flucht über Web 2.0
«Wir pushen jeden Web 2.0 Dienst in die Gewinnzone...»
Twitter zu intellektuell - Nachfolger unterwegs?
(Bild: tvvoodoo / stock.xchng / Royalty free)
24.08.2007
Social Networks für Eliten
Schlagwörter: Internet , Marketing , Technologie
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11 Lesermeinungen:
Absolut wichtig - und richtig -, werter Herr Rick, dass in diesem Zusammenhang das Thema "Urlaubsbuffet" auf den Tisch kommt. Da hat man schon Dinge gesehen, und nicht nur vor dem Tannhäuser Tor.
Herzlich
Ihr Erdge Schoss
Betr.: Militante Humorlose
Sehr geehrte Unterneuntupfinger ,
bezüglich der o.g humorlosen Militanten …äh…militanten Humorlosen bin ich auch ganz froh, da dies sich hier nahezu selbstredend wegrationalisiert hat.
So empfinde ich es sehr bereichert für meine Lebensqualität, zu der genehmigten Unterneuntupfinger Elite zu gehören, die hier lesen dürfen.
Gleichwegs danke ich ihnen noch mal bezüglich des Hinweises „Reales Leben“. Das war mir entfallen.
Mit freundlichen Gruß
Ihr Frau Stressfrei
Wobei, werter Herr Schoss, so eine Massentourismusbuffeterfahrung hat auch einen gewissen therapeutischen (man sollte es nicht zu oft machen): nach einer Woche Erduldung solcher Schlachten kann man zuhause dann wieder in vollster Gelassenheit an einem Samstag vormittag im Supermarkt einkaufen gehen.
Ihr Rick, Schafredaktor
(P.S: Im Parterre rechts liest man vermutlich per Wortschatz aus, isn't it?)
Liebe Frau Stressfrei,
zumindest hat es den Vorteil dass in diesem unwürdigen virtuellen Zelt hier einem Frühstücksgespräche wie sie anständige Frauen andernorts ertragen müssen eher entfallen werden. Dem Schicksal sei gedankt für die kleinste Gnade. Ansonsten sei wiederholt was schon mehrmals gesagt: das Beste an U9TA sind wohl mittlerweile sicher die Kommentare der Gäste...
aber, aber - jetzt stell dein licht hier mal nicht so unter den scheffel. der beitrag ist mal wieder ausgezeichnet.
eine fruchtbare diskussion seitens der leser rundet die sache zusätzlich ab.
dienste wie die yigg platinum-edition sind übrigens besser als ihr ruf - man muss sie nur für einen zweck instrumentalisieren, denn man persönlich für edel und ehrenhaft hält. dann passt das schon.
Danke guter Herrschel.
Soziales Auslesen wird auch für Euch von Phase 5 bzw Doppel-Tripledings noch eine Herausforderung.
Als ich vor nunmehr schon einigen Monden Phase 5 ursprünglich vorgefunden hatte war es noch der absolute Geheimtipp, edle Texte für Kenner. Laut Blogscout geht bei Euch auch der Trend nach oben, und wenn bei den Podcasts die letzten Schwächen auch noch ausgemerzt sind dann pfeift wohl der Laden. Herausforderung: nicht in der Masse des Erfolgs verwässern, oder die falschen Freunde anziehen. Nachdem jetzt jeder weiß dass Ihr auch fesche Jungs seid (soweit ich das als Mann beurteilen kann) kommen da bald Groupies mit unlauteren Absichten...
naja, noch läuft die sache ja hübsch gemächlich. was die groupies anbelangt, so könnte das schon gefährlich werden. zum glück ist robert eher an männern interessiert, und unser womanizer jasper hinter der kamera :)
solange ich also vorsichtig bin, kann überhaupt nichts passieren :D
Das Beste an U9TA sind die Verfasser!
Mann jetzt hatte ich so einen geilen Text geschrieben G R M P F...
plötzlich alles weg. Ich werde mich morgen nochmal hinsetzen, versprochen
G R M P F
Sie sehen mich verblüfft, werter HerrRick, was liest man denn dort per Wortschatz aus?
Im Dunkeln
Ihr Erdge Schoss
Nun, Herr Schoss, Menschen die sich bei ihrem täglichen Kommunikationsbedarf stets mit demselben Wortschatz von max. 500 (und davon lieber die einfacheren Wörter) begnügen werden in Ihrem gelobten Parterre keine große Erfüllung finden. Für die verbalkarge Generation SMS mag daher Ihre Hausseite eher eine Wüste sein.
Und das ist ganz gut so... ;)
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