22.10.2007

Vom Wesen der Demokratie

Schon seit es Menschen gibt und seitdem mindestens zwei Leute vor der gemeinsamen Aufgabe stehen festzulegen wer entscheiden darf und wer der Idiot sein muss der die Arbeit macht steht die Menschheit vor der Debatte der idealen Herrschafts- & Gesellschaftsform. In vielen westlichen Staaten hat sich heute die Demokratie etabliert. Ist sie eine Diktatur der blöden Mehrheit über eine etwas intelligentere Minderheit?

Intelligenzverteilung
Demokratie wird heute als Herrschaftsform verstanden bei dem die Macht vom Volke ausgeht. Oft geht dabei aber leider dem Volk die Macht aus, wird es doch häufig von Leuten regiert die keiner so direkt gewählt hat, und gibt es doch zB auch demokratische Staaten in denen Volksabstimmungen oder Volksbefragungen keine wirkliche Tradition haben, manchmal nicht mal eine Gesetzesgrundlage.

Demoskopen untersuchen und unterteilen Bevölkerungen. Zu einem aus wissenschaftlichen Gründen, und natürlich auch für die Marktforschung. Viele Zeitungen möchten zum Beispiel gerne wissen wie hoch ihr Leseranteil in den akadämlicheren Schichten ist, ist er höher dann wird das gerne als Verkaufargument verwendet um die geringeren Reichweiten den Inserenten aus der Wirtschaft trotzdem irgendwie schmackhaft machen zu können. So wie es nur wenige Spitzensportler und viele Breitensportler geben kann, genauso ist auch die Verteilung von Bildung & Verstand in einer Gesellschaft: je höher es nach oben geht desto dünner wird die Luft, und darunter eine sehr breite Basis. Wenn in einer Demokratie aber jede Stimme ungeachtet Verstand & Wissen gleich viel Wert ist dann bedeutet dies dass wohl Demokratie eine Diktatur einer dummen Mehrheit über eine hellere Minderheit ist? Und erklärt das auch die intellektuell unterirdischen Wahlkämpfe heutzutage? Gewonnen werden schließlich Wahlen mit Mehrheiten?

Einkommensverteilung
Nicht nur Verstand, Bildung oder Talente werden stets ungleich verteilt bleiben, sondern auch z.B. das Einkommen (auch in sozialistischen Gesellschaften, da sind alle gleich arm, nur die Funktionäre und der große Vorsitzende sind hingegen reich). In klassischen westlichen Demokratien existiert immer noch verbreitet ein progressives Steuersystem. Anders als etwa in der freien Wirtschaft wo von Klopapierrollen im Supermarkt bis zu Bankkonditionen im Finanzwesen der wo mehr Geld ausgibt bessere Konditionen, Preise, Mengenrabatt bekommt ist es in vielen Staaten umgekehrt: dort sollen die Fleissigsten und jene die ohnehin am meisten zum Gemeinwohl einzahlen auch am härtesten bestraft werden damit sich jene die keine Lust auf Arbeit haben so richtig solidarisch fühlen können. Im Volksmund heisst es oft "Wer zahlt schafft an." Aber da Demokratie ja eine Herrschaftsform ist die vom Volk und nicht vom Volksmund ausgehen soll ist jede Stimme gleich wert: also jene Stimmen von ein paar Millionen Erwerbsunwilligen die lieber den anderen auf der Tasche liegen sind jeweils genauso viel wert wie die Stimmen von ein paar wenigen die den Großteil der Steuerleistung erbringen. Man versteht das als demokratisch und gerecht, viele westliche Länder sind auch heute gar nicht anders regierbar.

Demokratische Verfeinerungen
Wobei Demokratie in vielen westlichen Ländern sowieso längst verfeinert wurde. In Staaten mit extrem sozialer Marktwirtschaft wird das Land meist in Wahrheit von Sozial- & Tarifpartnern regiert die keiner gewählt hat und die sich zwecks Schein jeweils eine Regierung halten. In den meisten westlichen Demokratien hat parteiunabhängige Personenwahl nicht wirklich eine Tradition oder ein Fundament. Das Volk darf hier meist aus einer Reihe von Parteien jene wählen von dem der Wähler glaubt sie würde auf der jeweiligen Wahlebene vermutlich den geringsten Schaden anrichten. Diese Parteien vergeben dann Mandate an irgendwelche Leute die in der freien Privatwirtschaft wo es auf Leistungswillen und Kompetenz ankommt keine Chance hatten und haben werden.

Schon in banalen gut funktionierenden Sportvereinen werden die Positionen hingegen an Menschen vergeben nach deren Begabungen & Talenten. Kassier wird meist der der noch am besten rechnen kann und von dem man glaubt dass er nicht mit der Schatulle durchbrennen wird, Trainer jener der den Sport schon mal selber machte und am meisten Ahnung davon hat, Obmann jener der organisieren kann und Sponsoren bringt, und auch die Sponsoren reden natürlich gemessen an ihrem finanziellen Beitrag maßgeblich bei der strategischen Ausrichtung eines Vereins mit. In den meisten westlichen Demokratien versucht man genau den umgekehrten Weg.

Alternativen

"Demokratie ist die schlechteste Regierungsform - außer all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind."
(Churchill, Winston)
Diktaturen und Monarchien als nichtdemokratische Herrschaftsform funktionieren manchmal gar nicht so schlecht wenn zufällig der Oberste Herrscher auch zu den Begabtesten gehört, man blicke zB nach Dubai. Und sie funktionieren natürlich grausig schlecht wenn der Herrscher von bemerkenswertem Mittelmaß ist oder gar ein grausiger Dummkopf - im schlimmsten Fall hat das schon viele erschütternde große Kriege gegeben. Mittelmäßige Diktatoren ziehen leider immer auch größenwahnsinnige Schrebergärtner magisch an wodurch dann ganz großer Schaden entstehen kann. Auf deutschem Boden alleine fallen da schnell Beispiele an. Ist also vielleicht die Stärke der heutigen Demokratien jene dass einander hier extrem mittelmäßige Blöcke & Interessensgruppen gegenseitig so lähmen dass sie keinen noch größeren Schaden anrichten können?

Warum Satire stets undemokratisch sein wird
"Was darf die Satire? Alles."
(Tucholsky, Kurt)
Satire kann niemals demokratisch sein. Aufgrund der systemimmanenten Voraussetzung dass jemand Sinn für Humor (und wohl auch eine gewisse Intelligenz) mitbringen muss um sie überhaupt zu erkennen ist Satire alleine schon nicht mehrheitsfähig. Und selbst wenn Satire so ausgewogen wie nur möglich ist - nach 20 Aufsätzen hat man wohl mindestens jeden Menschen einer Gesellschaft mindestens einmal damit beleidigt. Satire kann sich daher nur undemokratrisch entwickeln. In Diktatoren werden die Ironiker stets zuerst erschossen. Vielleicht ist also Satire eine Form von Anarchie in Gesellschaften wo die Humorlosen das Sagen haben?
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Weitere Artikel zu Staat, Demokratie und den ganzen Rest:
Zur Demokratie erziehen...
Bürgerschutz durch Täterschutz - visionärer als man begreift?
Wieviel Meinungsfreiheit verträgt Deutschland?

(Bild: Daveybot / Flickr / CC BY)

2 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Es gibt kaum etwas Segensreicheres, werter Herr Rick, als treusorgende Sozial- und Tarifpartner, deren innige Umarmung wärmt selbst in kühlen Tagen. Von Schwitzkasten war jetzt ausdrücklich nicht die Rede.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Rick hat gesagt…

Herr Schoss, Sie hinterlassen mich verwirrt. Da einem Sprachgiganten wie Ihnen niemals ein Fehler entfleucht meinten Sie sicher was Sie schrieben. Aber muss es nicht doch teuer sorglosen heißen in diesem Kontext?
Herzlich, Ihr Rick