05.08.2007

Zur Demokratie erziehen...

Es ist ein wiederkehrendes politisches Ritual dass immer dann wenn den Oberen nicht gefällt wie das Volk von seinen Politikern und ihrer Politik denkt dann sich Politiker finden die das Volk wieder mehr zur Demokratie (um)erziehen wollen. Und egal aus welchem politischen Eck die jeweiligen Gedanken kommen: kein Politiker käme je auf den Verdacht dass sich die Bürger deshalb zunehmend von der Politik abwenden weil sie schlicht und ergreifend mit den gebotenen Leistungen höflichst formuliert nicht mehr einverstanden seien...


Der wohl bekannteste Demokratieerzieher in Deutschland dürfte wohl Wolfgang Thierse sein. Herr Thierse meldet sich immer dann mit Forderungen zu mehr Demokratieerziehung zu Wort wenn entweder Parteien am anderen Ende seiner politischen Gesinnung Zugewinne bei Wahlen verzeichnen oder jene Parteien vom Staatsapparat nicht ausreichend verfolgt werden. Vermutlich schwebt Herrn Thierse dabei immer eine staatliche ideologisch gefärbte Indoktrination nach den erfolgreichen kubanischen oder nordkoreanischen Modellen vor, aber insbesondere jene deutschen Bürger die bereits in der Vergangenheit von der Stasi oder der Gestapo zur richtigen Demokratie erzogen wurden können solchen Gedanken natürlich nicht so viel abgewinnen und hören den heranbrausenden Zug.

Während in Deutschland und in der Schweiz wenigstens für den Wähler noch eine gewisse Alternative besteht wenn der Wähler Protest wählen will (egal gegen jeweils wen) so hat der österreichische Wähler bei jeder Wahl eigentlich nur seit Jahrzehnten die Wahl zwischen Jauche und Gülle. Aufgeklärtere demokratische Bürger wählen idR je Wahlebene jene Gruppierung von der sie erwarten können den kleinsten Schaden anzurichten, da Personenwahl in Österreich weitgehend unbekannt ist bekommt der Wähler dann von allen Parteien Leute vorgesetzt die nicht mal in staatsnahen Betrieben oder Amtsstuben unterzubringen waren. Und angesichts der Leistungen die Politiker aller Farben in den letzten Jahren gebracht hatten kann man es wirklich verstehen dass sich die Jugendlichen heute mehr für wichtigere Dinge wie Pickel nach der Intimrasur, eitrige Piercings oder Tattoos interessieren denn für Politik.

Da das Ansehen der Politik in Österreich mittlerweile hinter Fusspilz, Mundgeruch und alten getragenen Socken gesunken ist hat die österreichische Regierung diesmal beschlossen 1,8 Mio. Euro für Demokratie-Nachhilfe zu investieren (kurier.at berichtete). Ein ungelernter Österreicher oder Zuwanderer würde jetzt jubilieren - endlich erhalten die Politiker, Sozialfunktionäre und Zwangsmitgliedskämmerer genau die Nachhilfe die sie so dringend brauchen! Mitnichten erkennt der gelernte Österreicher : am Kopf bei dem die Beamtenforelle zum Stinken anfängt bleibt alles gleich, es wird natürlich der Bevölkerung nachgeholfen. So gesehen hat die Politik anscheinend gute Marketingberater : wenn das Produkt Schei**e ist muss man halt per Imagepolierung den Kunden manipulieren. Schließlich gilt - wenn es gelingt eine Spezies darauf abzurichten sich vor der eigenen Körperbehaarung zu ekeln, Tamagotchis zu kaufen und freiwillig Paris Hilton zu gucken, so eine Spezies ist auch abrichtbar österreichische Innenpolitik interessant und vor allem demokratisch zu finden.


Wie der kurier.at berichtet weiß man natürlich wie immer bereits was es kostet (und hat das Geld bereits vermutlich auch bereits ausgegeben), wie die Nachhilfe für die Bevölkerung und gerade die Kinder in der Schule aussehen soll ist noch ein klein wenig ungewiß. Zumindest soll aber verhindert werden dass die Nichtwählerpartei weiterhin rasanten Zuwachs bekommt, was anderes hat Herr und Frau Österreicher nicht zur Wahl. Da in vielen Regionen des Alpenlands Lehrerjobs jahrzehntelang nach streng objektiviertem Parteibuch vergeben wurden (und natürlich pragmatisiert, damit schlechte Lehrer nicht ausgeschieden werden können, unsere Kinder sind uns das wert) ist Demokratie-Nachhilfe durch die bestehende Belegschaft natürlich wirklich ein heikles Thema.

Wie auch immer, man wird also eine Menge Geld ausgeben (und natürlich neue staatliche Jobs, Lehrstühle und Leerstühle schaffen) um ein grottenschlechtes Produkt gegenüber der nachwachsenenden Bevölkerung schönzureden. Und Nachhilfe heisst ja auch irgendwie: "wir machen super Politik, nur das Volk ist zu dumm um das zu erkennen." Demokratie-Nachhilfe für Bürger: das ist heutzutage wie Menschen kulinarisch so nachzuschulen dass sie einen Kuhfladen für ein lukullisches 4-Sterne-Menü halten...
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Weitere Links zu Staat, Politik und Gesetz:
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(Bild: DefenseLINK / Public Domain)