Hand auf das Chart, es ist uns allen schon einmal passiert: wir haben etwas geglaubt bloß weil es in der Zeitung stand oder im TV zu sehen war. Dabei verdienen nicht nur Parteien und Massenmedien eigentlich ausreichendes Vorschuß-Misstrauen, sondern insbesondere alle Interessensgruppen die uns anhand von Statistiken welche wir selber nicht gefälscht haben etwas beweisen wollen...
Induktiv
Es gibt nicht nur so etwas wie einen Zauber der Montur, sondern auch einen Zauber von statistischen Zahlen. Gehen Sie zB einmal als medizinischer Laie einigermaßen geflegt und übernachtig in einem weißen Kittel gewandet in ein öffentliches Krankenhaus und Sie werden sofort von Wartenden mit "Frau/Herr Doktor" angesprochen. Und genauso neigt mensch dazu wissenschaftlichen Zahlen oder Umfragen zu vertrauen, schließlich hätten diese ja blitzgescheite Wissenschafter kompliziert errechnet, wohl vergessend dass es auch unter Wissenschaftern wie in jeder anderen Berufsgruppe auch seriöse und nicht so seriöse Leute gibt, und diese Leute ja auch von jemandem bezahlt werden (genauso wie die Medien die diese vermeintlichen Fakten transportieren) der nicht immer lautere Absichten haben muss, die Welt ist schließlich groß und sehr sehr böse.
Die Politik und auch etliche andere Interessensgruppen machen sich diese Statistik- & Wissenschaftsgläubigkeit der Massen natürlich zu Nutze, besonders immer dann wenn es gilt dem Volk etwas aufs Auge zu drücken was der klare Menschenverstand oder ein gesundes Bauchgefühl berechtigt ablehnen würde. Fakten kommen dabei so zustande dass das Endergebnis und die gewünschte Aussage von vornherein feststehen und es dann Aufgabe von Statistikern oder 'unabhängigen' Instituten ist Zahlenmaterial und Kausalketten zu zimmern die zum Endergebnis passen. Manchmal gelingt die Manipulation perfekt, aber oft erkennt man sofort an Studien wer sie bezahlt hat. Ganz besonders wenn die Aussage aus einer Wissenschaftsrichtung kommt die von staatlichen Geldern aus der Politik abhängt, oder wenn dabei ein Produkt über den grünen Klee hinaus gelobt (oder die Konkurrenz verrissen) wird. Globaler betrachtet ist vermutlich auch jede Konzernbilanz heute eine Statistikfälschung auf juristisch und kaufmännisch höchstem Niveau.
Deduktiv
Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell wollten natürlich mit Fakten aus Forschungsergebnissen nicht nachstehen und haben daher das Zentrum für Experimentelle Statistik in Hintersiebenkirchen gebeten für uns entsprechend zu forschen. Hier forsche Auszüge aus dem ersten Zwischenbericht:
Statistik kann uns also sehr viel mitteilen, man muss nur die richtigen Fakten miteinander richtig verbinden. Parteien abseits der politischen Mitte, Lobbyisten, die Werbung oder Verschwörungstheoretiker können das besonders gut, schließlich gehen sie auch keiner anderen sinnvollen Arbeit nach, und Übung macht bekanntlich den Meister.
Statistisch betrachtet ist in unseren Breiten der Bierkonsum pro Kopf stagnierend bis rückläufig. Gleichzeitig steigt die Zahl der Einbürgerungen was ebenfalls stete Zuwanderung voraussetzt. Wie bereits Riffkin erklärt hat sei nicht genug Arbeit für alle da, daher bräuchten wir Umverteilung von Arbeit und Arbeitszeitverkürzung. Für Bier gilt grosso modo detto, kommt also bald die 35 Pils Woche weil uns Zuwanderer das Bier wegtrinken, statistisch betrachtet?
Es gibt aus dem Mittelalter keinerlei wissenschaftlich gesicherte Aufzeichnungen dass es vor mehreren Jahrhunderten Grünparteien oder Grünpolitiker gegeben hätte. Auch gibt es keinerlei Hinweis auf bereits damals wissenschaftlich haltbar festgehaltenen Klimawandel. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten dreht der Klimawandel so richtig auf. Genauso wie Grünpolitiker. Zuletzt gewannen zB die Grünen in der Schweiz wieder dazu. Wir müssen daher aus dieser Koinzidenz logisch schließen dass der Klimawandel von den Grünen verursacht wird (vermutlich mit der Schweiz als Epizentrum). Wenn man also wieder darüber nachdenkt die NPD zu verbieten sollte man die Grünen gleich mitdiskutieren - soviel Demokratieverzicht muss uns ein gesundes Klima wert sein.
Statistisch gesehen ist jeder Vierte jemand der übermüdet Auto fährt. Jeder Vierte leidet unter chronischen Schmerzen. Jeder Vierte zweifelt an seinem Sehvermögen. Jeder Vierte ist suchtgefährdet. Das sollte Ihnen sehr helfen beim Einschätzen von Menschen die sie neu kennenlernen. Ist zB ein Mensch von adretter Gesundheit, sieht gut und auch frei von Süchten dann ist er logischerweise der restliche Vierte bei dem Sie nicht als Beifahrer ins Auto steigen sollten. Treffen Sie hingegen auf einen halbblinden Drogenjunkie dann ist dieser entweder ein statistischer Fehler oder der Mensch lügt.
Resignativ
Natürlich prüfen auch wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell gewissenhaft regelmäßig unsere Zugriffsstatistiken um so mehr zu erfahren was unsere Leser mögen oder nicht so mögen. Statistisch haben wir dabei festgestellt dass immer dann wenn hier gar kein Beitrag erscheint oder der Beitrag nach eigenem Empfinden eher Schrott war wir die besten Zugriffszahlen haben, wenn etwas mit Herzblut geschrieben ward fällt es regelmäßig durch. Daraus können wir statistisch betrachtet lernen dass ähm ... oder eher doch nicht?
P.S: Kausalketten rauchen wo keine sind macht Freude. Falls Sie auch Bahnbrechendes statistisch herleiten können bitte her damit, wir freuen uns auf Ihre Forschungserkenntnisse.
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(Bild: gracey / morgueFile / Morguefile terms)
25.10.2007
Zahlen für jene die sie bezahlen
Schlagwörter: Forschung , Marketing , Medien , Wissenschaft
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10 Lesermeinungen:
Also zu dem Doktor. Ich hab mal im Kaufhaus auf nen Kollegen gewartet, der etwas in der Umkleide anprobiert hat und schon kam jemand auf mich zu und wollte wissen, wo denn Herrenhemden zu finden seien. Oder ich stand neben der Kasse von einem dieser Diskotheken, um mich mit dem Mädel an der Kasse zu unterhalten (ne, die kannte ich schon vorher.) und schon wollten sich die Leute von mir durchsuchen lassen?! ;-) Ich bin anscheinend für mehrere Berufe geeignet.
Bahnbrechendes lässt sich heute aufgrund der Lokführerstreiks nicht herleiten aber man sollte auch keiner "wissenschaftlichen" Studie glauben, die ja auch so gerne von Politikern und anderem "Getier" herangezogen werden um uns aktuelle gesellschaftliche Mißstände vorzuführen. Um uns dann vermutlich noch mehr Rechte zu entziehen um... ach egal... aber isdochso!
Das mit der Disco ist natürlich eine interessante Erfahrung, lieber Bastian, womit Dir bestätigt wurde dass Dein athletischer Körper Schrankformat hat, wie man es von einem professionellen Sicherheitsmann erwartet. Peinlicher wäre es gewesen wenn Du bei einem Sumoturnier zugegen gewesen wärst und ein Funktionär hätte Dich aufgefordert Dich endlich umzuziehen...
Streikbrechendes wäre für unsere nahverkehrslosen Leser in Deutschland sicher die bessere Formulierung gewesen.
Hätte eine höhere Intelligenz gewollt, daß Statistiken und deren Interpretation einen Sinn ergeben, hätte dies Erich von Däniken bereits herausgefunden und eindrucksvoll bewiesen.
Statistik ist nichts weiter als die Esoterik der Mathematiker.
Die Esoterik der Mathematiker? ;)
Oder vielleicht auch die erotischen Träume jener die die Bilanzbuchhalterprüfung nicht geschafft haben aber trotzdem für ihr Leben gerne mit Dingen rechnen mit denen man nicht gerechnet hat?
Der Reiz von Diagrammen und Powerpoint-Präsentationen derselben übt auf gewisse Leute ja einen magischen Reiz aus.
(und Diagramme sind für gewisse Medien auch saupraktisch - sie füllen den Platz auf den man sonst mühsam hätte mit Text füllen müssen...)
In der Tat. Statistik ist auf Mathematik gründende Esoterik. Keine haltbaren Ergebnisse und Beweise gibt es erst recht nicht. Man muß einfach nur daran glauben und regelmäßig das "Statistik unser" beten. :-)
Du meinst also wirklich, daß an der Prüfung gescheiterte Beinahe-Buchhalter und Beinahe-Steuerberater sich solchen Träumen hingeben, um sich letztendlich "Unternehmens-, Finanz- oder Vermögensberater" zu nennen, denen man als Steuerberater ihre eigene BWA erklären muß?
Wenn du das meinst, stimme ich dir vorbehaltlos zu! :-)
Ein schönes Diagramm zeigt einfach Wirkung, es hat Austrahlung. Es kann mit seiner Aussagekraftlosigkeit mühelos über die noch größere Aussagekraftlosigkeit des Begleittextes hinwegtäuschen oder zumindest zeitweise davon ablenken.
Gerade Diagramme helfen doch Sachverhalte so richtig schön hinzumodeln wo Zahlen alleine nicht ausreichen. Wenn zB ein Schere zahlenmäßig nicht weit genug auseinander geht um plastisch genug ins Auge zu springen nimmt man einfach für die obere Linie eine logarithmische Skala und für die untere Linie eine lineare, ein beliebter Klassiker.
Wenn beim Tortendiagramm ein Stück nicht groß genug ist dann dreht man das ganze einfach perspektivisch und rückt das Stück heraus wodurch der Rest kleiner wird. Diagrammfälschung dürfte also ein eigener Zweig in dieser Wissenschaft sein...
Patrick Michael Weber hat zum Thema Diagrammfälschung noch folgenden Link empfohlen.
(umgebettet, weil unser Kommentarwidget mit dem Original von Patrick Michael nicht zurechtkam *seufz*)
@patrick michael weber
"In der Tat. Statistik ist auf Mathematik gründende Esoterik. Keine haltbaren Ergebnisse und Beweise gibt es erst recht nicht. Man muß einfach nur daran glauben und regelmäßig das "Statistik unser" beten. :-)"
Also das Fach Stochastik (Statistik+Wahrscheinlichkeitsrechnung), welches jeder Mathematiker (und zumindest jeder Diplommathematiker an unserer Uni..) über sich ergehen lassen muss gilt als sehr schwierig - und ätzend. Im übrigen ist das nur eine Einführungsvorlesung, man kann sich beliebig darin vertiefen - Beweise gibt es da en masse. Wie jedes Fach in Mathe, ist es axiomatisch aufgebaut. Bevor ich noch einen ganzen Vortrag darüber halte...es gibt sogar ein Institut an unserer Uni welches sich NUR mit Statistik und Wirtschaftsmathematik beschäftigt!
Und wenn Statistiken missbraucht werden oder falsch gedeutet werden, spricht das erst einmal nicht gegen die Statistik an sich. Eher gegen die Leute, die sich solche Statistiken vorbehaltlos anschauen und nicht zumindest nachprüfen, wer diese Statistik durchgeführt hat und ob es sich, im Falle einer Umfrage, um eine repräsentative handelt. In der Wissenschaft (zumindest in der Physik) sind Versuchsergebnisse praktisch wertlos wenn nicht dabei steht, wie die statistische Auswertung gemacht wurde. D.h. man sollte in der Lage sein die Rohdaten zu nehmen und auf die gleichen Ergebnisse zu kommen. Ähnliches ist geschehen bei der vor Jahren veröffentlichten Studie über die Klimaerwärmung. Dort war diese Reproduktion nicht möglich, und auch die Methoden waren ziemlich fragwürdig... Was nicht heißt dass sich die Erde nicht erwärmt... ;-)
@Philip
Beinahe hätte ich deinen Kommentar hier übersehen... :-)
Wie ich bereits in dem anderen Beitrag schrieb, bin ich ebenso universitäts-mathematisch vorbelastet. Ich weiß also auch, wovon ich rede. ;-)
Kritisch betrachtet sollte dir aber aufgefallen sein, daß Stochastiker an der Uni sehr gerne "belächelt" werden - ähnlich den Ingenieuren. :-)
Und selbstveständlich gibt es auch in der Stochastik Beweise. Den mathematischen Gottesbeweis hast du sicherlich auch schon einmal zu Gesicht bekommen, oder?
Und meiner Auffassung nach spricht es sehr wohl gegen die Statistik an sich, wenn sie dermaßen oft "mißbraucht" wird. Das System der Statistik ist einfach sehr fehleranfällig und in der Praxis daher meistens faktisch unbrauchbar - zumindest dann, wenn man auf korrekte Planung, Durchführung, Auswertung und Interpretation Wert legt. Rein wissenschaftlich mögen diese Werte Priorität haben, aber sog. Praxisstudien, die nicht unter Laborbedingungen erstellt wurden, legen scheinbar oftmals überhaupt keinen Wert auf diese prioritären Werte. Aber was kann wiederum die arme Statistik dafür, wenn sie niemand versteht? :-)
Und was soll das heißen "...in der Wissenschaft (zumindest in der Physik)..."? Ihr Physiker seid es doch, die bei uns Mathematikern immer an die Tür klopfen. Tja...Mathematik ist bleibt halt die Königklasse. ;-)
Noch ein kleines Zitat von mir:
"Mit unserem Pech heute, können wir selbst die Regeln der Wahrscheinlichkeit komplett außer Kraft setzen."
(Kleiner Gag am Rande, nachdem einem Freund und mir beim Billiard spielen selbst die einfachsten Stöße nicht gelingen wollten.)
Studien stimmen immer für den, der sie bezahlt!
LG
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