21.11.2007

Kinderspinngesellschaften

Warum eine skurrile Übersetzung in einem Partnerinserat möglicherweise gar nicht so daneben liegt, was wir unseren Kindern so zumuten, warum Lehrer, Pädagogen und Erzieher (gute wie schlechte) so sind wie sie nunmal sind und warum man mit ihnen in gewisser Hinsicht Nachsicht haben sollte...


Letztens stolperten wir bei einer Recherche zu einem anderen Thema zufällig über ein Partnerinserat welches eine Dame mit mutmasslich osteuropäischem Migrationshintergrund aufgegeben hatte und dabei entweder einen nicht ganz vollkommenen chinesischen Billigtranslator verwendet hatte, oder das Beste was es dazu im Internet gibt. Als Ort ihrer Erwerbstätigkeit gibt sie die Kinderspinngesellschaften an. Womit vermutlich ein Kindergarten oder eine Schule gemeint ist, aber so skurril die Übersetzung klingen mag, wer weiß ob sie nicht das berühmte Quentchen Wahrheit enthält?

Kinder
Kinder können wunderbar sein, Kinder können furchtbar nerven. Kinder können unser ganzes Glück oder unsere ganze Pein sein. Kinder können uns bass erstaunen mit den Dingen die ihnen unbelastet so einfallen, und uns furchtbar erschüttern wenn sie doof wie Stroh sind. Kinder sind unsere Zukunft. Wenn wir auf die Guten blicken erfüllt uns das mit großer Hoffnung, andere wiederum lassen selbst den militantesten Antialkoholiker heftig zur Flasche greifen. Vermutlich ist jede Folgegeneration auch ein Spiegel dessen was sie von der Vorgeneration mit auf den Weg bekommen hat. Was uns unter anderem zu Lehrern, Pädagogen und Erziehern führt.

Lehrer
Die Erziehung unser künftigen Erwachsenen ist eine der anspruchsvollsten und wichtigsten Aufgaben die eine Gesellschaft zu vergeben hat. Anders als in anderen Kulturen & Gesellschaften genießt der Berufsstand der Lehrer aber hierzulande einen eher sehr ambivalenten Ruf. Man sagt zB auch eine Reform des Bildungswesens mit den Lehrern gemeinsam durchzuziehen ist so wie eine Verlegung eines Friedhofs - mit der Mitwirkung der Beteiligten ist eher nicht zu rechnen. Wie kommt es dass Lehrer nun einen ganz eigenen Ruf genießen?

Vielleicht hängt es auch mit dem staatlichen Bildungssystem zusammen? In unseren Breiten sind Lehrer meist unkündbare öffentlich Bedienstete. Bezahlt wird nach Dienstalter und nicht nach Leistung, und da unkündbar muss sich schon jemand grobe Verfehlungen zu Schulden kommen lassen um einmal im System klebend von den Kindern entfernt zu werden. Ein System das im Grunde genommen jene bestraft und in ihrem Fortkommen hemmt die sich besonders kompetent um die Kinder bemühen, und jene schützt die ihre Zeit bis zur Pension in der Schule absitzen wollen. Aber für unsere Kinder ist uns ja nur das Beste gut genug.

Wie auch immer: wie in jeder anderen Berufsgruppe auch gibt es unter Pädagogen welche die hervorragende Arbeit oft mit sehr schwierigen Kunden leisten, und es gibt natürlich auch welche die keine Zierde für ihren Berufsstand sind. Doch gilt im Volksmund die Weise Lehrer wären ähm ein wenig eigen gestrickt und verstünden sich wohl nur untereinander ausreichend friktionsfrei. Wir meinen dass der Volksmund hier vielleicht ein wenig ungerecht ist.

Prägt nicht das ständige tägliche Umfeld über kurz oder lang jeden Menschen? Nehmen Sie zB ein Muttersöhnchen aus besserem Hause und man stecke diesen mal für zwei Jahre lang irgendwo weit weg auf Montage unter die Arbeiter. Falls er es überlebt kommt er als Mann zurück und hat etliche Vokabel aufgesammelt die seine Eltern gar nicht gerne hören wollen. Stecken Sie einen fröhlichen Menschen in die Beschwerdeabteilung des Finanzamts und er wird über kurz oder lang trübsinnig werden. Und wer als anständiger Mensch in die Politik gespült wird verläßt sie in der Regel als intriganter Schurke.

Betrachten wir die Sozialisierung der Lehrer. Lehrer sind Menschen die die ersten ~20 Jahre ihres Lebens in der Schule verbracht haben, gemeinsam mit Menschen die noch nicht erwachsen sind. Dann rund 5 Jahre Lehramtsstudium gemeinsam mit noch nicht wirklich erwachsenen Mitstudenten, unterrichtet von Professoren die niemals den Schulbetrieb verlassen hatten und dabei ausschließlich Kunden hatten die noch nicht wirklich erwachsen sind. Nach Abschluß der Ausbildung geht es zurück an die Schule wo den Junglehrer sein Leben lang Kunden erwarten die noch nicht erwachsen sind, und die Zeit außerhalb des Kundenverkehrs verbringt der Lehrer mit Kollegen die nur mit Kunden zu tun haben die noch nicht erwachsen sind und selbst....

Ist es in so einem System nicht ungerecht von den Lehrern zu erwarten sich wie "normale" erwachsene Menschen zu verhalten? Woher sollten sie denn auch...? Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell treten daher stets dafür ein einen Berufsstand wie zB die Lehrer nicht pauschal zu verdammen. Wie in jeder Berufsgruppe gibt es gute und schlechte Bildungsarbeiter. Und wer sich nicht vorstellen kann wie anstrengend dieser Beruf zum Teil sein kann möge mal einen Tag lang in einer heruntergekommenen öffentlichen Schule in einem Migrantenviertel unterrichten.

Kindlich
Schon wohl seit es Menschen gibt lästern und klagen die Alten über die Jungen. Wie faul und aufmüpfig die Jugend wäre, welche Flausen sie im Kopf hätte, wie schlecht das Benehmen der Nachfolgenden wäre. Schon bei den Griechen und den Römern finden sich dazu Aufzeichnungen. Vielleicht ist man gegenüber der Jugend hier ungerecht? Privat müssen die Kinder mitansehen wie ihre Eltern die ihnen eigentlich Vorbild sein sollten oft selber ihr Leben ganz und gar nicht im Griff haben (und Eltern & Politiker sind die zwei Sachen die hierzulande jeder ohne Ausbildung werden kann). Ab dem schulfähigen Alter werden die Kids tagsüber in staatlichen Verwahrstellen (=Schule) nach amtlicher Pädagogik kalt gestellt, wenn sie Pech haben unterrichtet von Lehrern die man dienstrechtlich nicht rauswerfen kann obwohl es nötig wäre, und auch um Bessere den Job machen zu lassen. In der Freizeit stellen wir die Kids ruhig mit sinnbefreiten Computerspielen und TV-Programmen die Hirne schrumpfen lassen bevor sie noch auswachsen. Und dann wundern wir uns was nach 18 Jahren einer derartigen Tortur aus den Kindern wird? Ganz zu schweigen welche Vorbilder die Erwachsenen heutzutage abgeben, schließlich vergißt man traditionell bei jeder öffentlichen politischen Diskussion um Bildungsreformen immer die Frage wie man die Bildung jener Leute anhebt die schon zu alt für Schule sind...
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Weitere Artikel zu Bildung, Erziehung und ähnlichen Themen an denen Menschen ihr höchstpersönliches Interesse verlieren sobald sie mal groß sind:
Gesamtschulkonzept greift zu kurz?
Deutschland - Zuchtstation für Diktatoren?
Radical unschooling

(Bild: carf / Flickr / CC BY-NC-ND)

3 Lesermeinungen:

Reverse Eating hat gesagt…

zwar darf man nicht unterschlagen, dass es auch gute lehrer gibt, die sich ihre motivation über mehr als zwei jahre halten können, aber viele packt am ende ihrer schullaufbahn einfach nur die nackte angst, so dass sie so schnell wie möglich zurück wollen.

dass die arbeit als lehrer im gegensatz zum pennälertum aber kein zuckerschlecken ist, vergessen viele. die müssen dann irgendwann mit schrecken feststellen, dass doppeltes alter nicht doppelte authorität bedeutet. dass wiedrum ist dann der anfang vom untergang, aber - dank beamtentum - nicht vom ende.

Anonym hat gesagt…

Ich bewundere die Grundschullehrerin meiner Jungs. Zuerst hatte sie den Großen, jetzt den Mittleren und wenn alles gut geht ist nächstes Jahr mein Kleinster dran. Sie ist über 50, schafft es liebevoll, aber auch streng, den Kinder den Lehrstoff nahezubringen, kommuniziert bei etwaigen Problemen immer mit den Eltern und macht überhaupt nicht den Eindruck überfordert zu sein. Sie scheint das "Rezept" gefunden zu haben. Nur sind auch viele Lehrer überfordert. Wenn man am Gang der Schule, während des Unterrichts vorbeiläuft, hört man schonmal hier und da ein Schreien des Lehrers. Kinder sind anstrengend, vor allem so viele auf einem Haufen und dann kommen noch die Pubertätsjahre hinzu, dass ist aber wohl eher in der weiterführenden Schule maßgebend!
Lehrer haben keine einfache Aufgabe und sie müssen ihren Weg finden! Stolpersteine sind nicht nur in der Schule selbst, sondern auch im Bildungssytem immer wieder zu finden. Manche schaffen das ohne Probleme, andere wiederum schaffen das nie!

Interessanter Artikel, lieber Rick!! ;-)

Rick hat gesagt…

Danke Herschel und Gaviota für die schönen Kommentare.

Vielleicht, Herschel, liegen jene doch nicht so falsch die fordern Ausbildner für Kinder (wie bei den Erwachsenen) sollten zuerst mal ein paar Jahre in der freien Privatwirtschaft Erfahrungen in den Fächern sammeln die sie zu unterrichten gedenken?

Wenn man sich so umhört, liebe Gaviota, scheint es dass auch ein wenig Glück dazu gehört dass die eigenen Kinder dann auch die guten Lehrer bekommen. Da es ja zumindest an den öffentlichen Schulen keinerlei entsprechende Anreizsysteme gibt (zB "gute" Schüler können sich fachbezogen die besten Lehrer wählen) ist es vermutlich oft eine Frage des Zufalls.