03.12.2007

Die soziokulturelle Bedeutung der Hoden

In unserer modernen Gesellschaft und in unseren Breiten ist es üblich und schicklich die männlichen Erbgutbeutel zumindest beim Menschen textil bedeckt zu tragen. An sich ein paradoxes Verhalten, schließlich haben die Hoden eine viel größere Bedeutung in Kunst, Gesellschaft, Sprache, Kultur und Sport als man auf den ersten Nichtblick denken mag...

Hosen runter
Der Hoden ist ein männliches Geschlechtsorgan bei den meisten Gewebetieren und somit auch beim Menschen. Bei den Tieren wird er unverhüllt getragen, und auch Naturvölker die zB einen Penisköcher benutzen lassen die schlenkernden Teile frei während der moderne Mensch es bevorzugt seine Bälle zu verdecken (vielleicht mit Ausnahme der Schotten, wo man ja nicht endgültig genau weiß wie sie es denn unter dem Kilt nun wirklich halten). Bei den Tieren steuern die Hoden bzw die darin produzierten Stoffe so Dinge wie Arterhaltung und Rangordnungskämpfe, bei menschlichen Männern wie schon der altgriechische Philosoph Testikles festgestellt hatte vermutlich jedes nur (un)denkbare Verhalten.

Bedeutung in der Kultur
Schon seit vielen Jahrhunderten werden für die Menschheit wirklich bedeutsame Aspekte in opulenten Gemälden abgebildet, man denke an Krieg, Landschaft, Essen oder Frauen. Das Vorhandensein von Opulenz in der Malerei erscheint somit als Relevanzindikator. Werfen Sie daher einmal einen Blick auf diese imposante Kunst und Sie werden feststellen wie sehr ein an sich banales Organ bislang in der breiten Öffentlichkeit unterschätzt wurde.

Auch in der übrigen Kunst kommen Hoden bedeutsam vor, man denke zB an die deutschen Punkrocker "Die Toten Hoden" oder an den Klassiker "Great Balls Of Fire". Ein im damals prüden Amerika etwas verklausuliertes Lied über eine unangenehme Beutelentzündung, aber viele Leute erinnern sich sicherlich noch in welcher Tonlage es damals von Jerry Lee Lewis gesungen wurde und können sich vorstellen wie sehr der Mann wohl gelitten haben musste.

Bedeutung in der Kulinarik
Hoden der verschiedensten Tiere (Lamm, Schwein, Rind, Tiger; Mensch bei Kanibalen) stehen weltweit auf der Speisekarte als Spezialitäten. Thursenhoden sind wohl eher nur für den großen Hunger. Manchmal als Schlachtresteverwertung, manchmal als besonderes Gustostückerl ohne besonderen Geschmack (vergleichbar mit der hiesigen Lust auf den Bürzel/Bischof unter Hühnerfreunden), manchmal auch mit dem Wunsch das zu essen wovon man selber gerne mehr hätte. In letzterem Zusammenhang sind interessanterweise weltweit Hirnspezialitäten nicht ganz so gefragt wie Hodenspezialitäten oder getrocknete Tierpenisse.

Bedeutung im Sport
Bei Hallenfussball- und Handballtorhütern sowie bei Wasserballern zB wird der Unterleib mit einem professionellen Protektor geschützt während andere Körperteile weitgehend ungeschützt bleiben: dies sagt viel darüber aus welche Organe beim Menschen wirklich Wichtigkeit genießen. Eine besonders dominante Stellung haben Eier beim Rugby: das Große darf als Spielball getreten werden, an den kleineren halten sich die Spieler beim Gemenge fest. Man sagt Spitzenspieler können mit ihren Kameraden nonverbal alleine durch skrotale Kontraktionen kommunizieren und Spielzüge ankündigen. Weltklassedoper wiederum bevorzugen Testosteronpflaster die am Skrotum angebracht werden.

Bedeutung in der Sprache
Auch in der Sprache sind Hoden allgegenwärtig. Zugegeben aber eher im rustikaleren Volksgebrauch. So sagt man etwa "es geht mir auf den Sack" wenn etwas besonders nervt, in der Formulierung "es schlägt mir auf den Beutel" würde die Wendung wohl etwas an Kraft verlieren. "Jemanden an die Eier gehen" verwendet man wenn man mit einem Menschen Tacheles sprechen will bzw. diesen Menschen beim Schlafittchen (und nicht beim Schneewitchen) packen will. Schon im Säuglingsalter lernt ein Mann sich im Schritt zu kratzen oder ebendort an sich rumzufummeln (ein Verhalten das er bis an sein Lebensende beibehält, muss somit artentypisch und genetisch und vor allem chronisch sein), man spricht hierbei von "Taschenbilliard" oder "Ballsport". Nichtsdestotrotz, vor allem in der vornehmeren Öffentlichkeit über Hoden zu sprechen ist hierzulande immer noch ein Tabu. Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell haben die Cojones es trotzdem zu tun.
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(Bild: elroySF / Flickr / CC BY)

21 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Wegen seiner schmerzhaften Hodenquerstellung, werter Herr Rick, sah sich übrigens besagter Herr Lewis immer wieder genötigt, spreizseits sein Piano mit Füßen zu treten. Der Arme - und nicht zu vergessen: das arme Instrument.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Gaviota hat gesagt…

DANKE für diesen Lacher am Montag Morgen!
Du hast es mal wieder auf den Punkt gebracht.
Übrigens: Hirn und Hoden sind sehr lecker (vom Rind ;-))
Guten Appetit wünscht
gaviotica ;-)

Anonym hat gesagt…

Ein delikates Thema, werter Rick. delikat... vom Ochsen. Die armen Schweine!

Rick hat gesagt…

In der Tat, werter Herr Schoss, es war eine hodenlose Frechheit was Herr Lewis seinem Instrument antat, sowas ist kein Klaviersdelikt. Noch weniger wenn man sich an einer 14jährigen vergreift, aber das ist Geschichte.

Danke, liebe Gaviota, für das wertvolle (kulinarische) Feedback. Beim Genuß von Hoden bringst Du sicherlich viel mehr praktische Erfahrung als ich mit..;))

Gewiß, lieber Dan, man weiß nicht ob man dabei Wallachen oder Weinen soll. Was Christopher wohl empfand als man nach dem Ei des Columbus suchte?

Gaviota hat gesagt…

Nicht nur beim Genuss,werter Rick, bei der Zubereitung bestimmt auch ;-)!

Rick hat gesagt…

Vielleicht, liebe Gaviota, schreibst Du ja mal ein paar Rezepte in Deinem Blog wie Du die Dinger so zum ähm köcheln bringst? Das würde sicherlich viele Deiner LeserInnen interessieren.. ;)

Anonym hat gesagt…

Der Überlieferung nach, war Christoph (ein Urahne unseres allseits beliebten Bundesrates), als Abkömmling einer spanischen Stierkampfdynastie mit dem zerbrechen von Eiern vertraut. Wer unbestätigten Überläuferungen glauben will, muss wissen, dass das spanische Nüssli von Christoph C. gepflanzt wurde. Er bediente sich dabei seiner Testikel, die nach der langen Überfahrt ausgetrocknet und nicht mehr zu verwenden waren! Aber zum knabbern reichte es alle mal...

Rick hat gesagt…

Christoph C. war also nicht der große Seefahrer, sondern hatte vielmehr die (spanische) Fliege gemacht weil ihm sein Heimatland an das Futteral ging? Wobei ja der Stierkampf, wie kaum jemand weiß, eine eidgenössische Erfindung ist. Im Mittelalter als die Schweizer schon in Kindesalter strammste Junker und die Rinder von edelster Zurückhaltung waren hatte man Stiere auf den Kopf von Knaben gesetzt und wurden dort mit Armbrüsten erledigt. Da Spanier für diesen Brauch zu schmächtig sind haben sie daraus eine Bodenvariante nachempfunden. In der Schweiz machte ein gewisser Tell dem Treiben aus Tierschutzgründen ein Ende, worauf die wo das vorher gerne machten einfach den Hut drauf warfen...

Gaviota hat gesagt…

Oh...DAS ist DIE Idee überhaupt!!! Kochst du sie dann nach??? :-P

Rick hat gesagt…

Wir können ja gemeinsam kochen. Ich bringe die notwendigen Zutaten mit. Und Du sorgst dann für die Nachspeise ;)

Anonym hat gesagt…

Womit, werter Rick, wieder einmal bewiesen worden ist, dass der Ursprung des Eispringens sich in der Schweiz befunden haben könnte. Der Eierstock ist demnach eine rein ei¡dgenössische Erfindung der w|ei| blichen Form des Hodens und nicht mit dem Eisstockschmeissen verwandt. Was ja eine rein bayrische Erfindung (aus u9T?) ist...

Rick hat gesagt…

Jetzt wo Du es sagst, werter Dan, eine interessante Erkenntnis. Nämlich über den Sport gedacht. In Bayern, Österreich und Südtirol bevorzugt man wenn die Esel aufs Eis gehen einen langen Stil, darunter eine flache Platte. Und damit möglichst weit und resch geschossen. Die Eidgenossen hingegen sind begnadete Curler unter Gottes Sonne, unterwegs mit großen runden Dingern, behutsam gezirkelt und gezwirbelt und es muss wenn so ein Ei einmal losgeht viel gewischt werden. Ob hinter diesen regionaltypischen Gebräuchen archaische Körperlichkeitsvorstellungen lauern?

Anonym hat gesagt…

Das muss es sein, werter Rick! Unerschöpflich dieser wissenschaftliche Fundus! Wir werden wohl über die Festtage anthropologeiische Ausgrabungen durchführen müssen. Gaviota wird sich wohl mit dem cool in arischen beschäftigen...

Gaviota hat gesagt…

@Dan Ich kann euch ja während der Ausgrabungen mit meinen Köstlichkeiten verwöhnen. Es soll keiner zu kurz kommen. ;-)
@Rick...wann, wo und wie???

Rick hat gesagt…

@Dan: Sobald ich rausgebuchselt habe was anthroprolodings ist bin ich gerne dabei :)

@Gaviota: wir graben also Deine Köstlichkeiten aus? Als menage-a-trois? Ist das nicht ein wenig ähm unmoralisch? ;))

Anonym hat gesagt…

halten wir es mit Goethe: wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben. Unser Ausgrabungsleitsatz - anthroproleteiisch eben! Ansonsten sind wir Kulinariker doch schön- & Handgeistigem nicht abgeneigt. Oder nicht?

Gaviota hat gesagt…

ähm...ich glaube da hast du was missverstanden ;-) TZTZTZ

Reverse Eating hat gesagt…

wie sagte meine alte tante gerda immer so schön: die hoden sind die augen des sackgesichts. o_O

übrigens wusste ich schon bevor ich den titel gelesen habe, dass es um hoden geht. nur anhand des fotos. ausgezeichnete wahl :)

Rick hat gesagt…

Womit, lieber Herschel, vermutlich gnä Tante vermutlich auch gleich auch die Nase besprochen hätte.
Was das Foto betrifft muss ehrlich gesagt werden dass Open Source Yotophoto zu diesem Begriff nicht die Wahnsinnsauswahl bot. Also wurde es durch die Blume gesagt ;)

Reverse Eating hat gesagt…

kein grund sich zu grämen, wie gesagt: das foto hat seinen zweck mehr als erfüllt :)

wobei ich anmerken möchte, dass "yotophoto" ziemlich abgedroschen klingt. da lobe ich mir "flickr" (so sehr ich den laden auch verachte).

Rick hat gesagt…

Zur plattformübergreifenden Suche von Royalty Free Fotos ist Yotophoto unheimlich praktisch (wenn man Wert darauf legt juristisch bei Bildern auf der sicheren Seite zu liegen). Wie sehr merkt man wenn der Dienst mal ein paar Tage platt ist...