29.02.2008

«Haste mal ne Leber für mich?»

Die moderne Medizin macht es möglich auch beim Menschen ein defektes Teil durch ein anderes Gleichwertiges auszutauschen. Allerdings ist die Ersatzteillagerung ein wenig diffizil, Gesetze und Ethik verbieten es zB einfach so einem beliebigen Passanten einen Lungenflügel zu entnehmen und ihn woanders einzubauen. Es braucht Organspenden, und hierzu sind die Gebräuchlichkeiten im deutschsprachigen Raum sehr unterschiedlich...

Deutsche Organknauserei
Es titelte DER WESTEN neulich "Deutsche spenden weniger Organe als andere Europäer". Nicht überraschend, auch wenn man privat viele Deutsche als wundervolle großzügige Menschen kennt, im Kollektiv sind sie wenn es ans Spenden geht ein Volk von Knauserern im internationalen Vergleich, das war zB auch schon bei der letzten Hochwasserkatastrophe so. Aber vielleicht liegt das auch daran dass in jenem Land die meiste Solidarität zwangsverordnet ist, mit vielen hohen Steuern und Abgaben? Und vermutlich könnte man den deutschen Organspendenhaushalt auch ertragreicher gestalten wenn es mit dem landesüblichen Zwang verbunden wäre? Also zB mit einer neuen Organspendenabgabe? Natürlich wie das Steuersystem progressiv gestaltet und sozial gerecht: erwerbsunwillige Sozialhilfeempfänger sind von der Organabgabe befreit und erhalten jedes Jahr Anspruch auf einen Satz neuer Superpenistransplantate oder Megabrüste, Reiche wie Manager oder Unternehmer hingegen müssen pro Jahr mindestens zwei Nieren, zwei Beine und einen Lungenflügel abgeben, schließlich müssen sie ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und die Last muss gerecht auf starke Schultern verteilt werden, auch wenn unter diesen Schultern dann ergo keine Beine mehr sind die sie tragen.

Österreichische Organtraditionen
In Österreich ist es gerade in ländlichen Gebieten der Brauch dass Altbewährtes von einer Generation der nächsten übergeben wird. So zählt es zB zum guten Ton dass der Sohn freudig auch jene Leber übernimmt mit der sich schon der Großvater unter den Tisch gesoffen hat und dessen trainiertester Muskel war. Jede Mutter gibt früher oder später mal im Süßspeisenland Austria der Tochter auch ihren Mehlspeismagen mit. Als austriakisches Unikum sorgt er dafür dass Damen auch bei völliger Sättigung durch eine beliebige Hauptspeise immer noch problemlos ein mittleres Mehlspeisenbuffet bestehend aus mehreren Torten, Eiscremes, Tiramisubecher etc vertilgen können. Nicht nur Rinder besitzen in Österreich mehrere Mägen.

Eidgenössisches Organisches
Eine Aussage über schweizerische Organspenderei zu treffen ist, wenn man auf exakte Zahlen wert legte, kaum möglich. Lagern doch eidgenössische Organspenden auf eidgenössischen Organspenderbanken, und deren Bankgeheimnis ist so streng dass nicht mal die eigenen Ärzte wissen um welches Teil es sich jeweils handelt und woher es kam. Daher auch in Wahrheit die verbreitete Mehrsprachigkeit in der Schweiz, wer immer in der Schweiz einmal im Krankenhaus war hat auch irgendein idiomatisches Fremdgut eingebaut oder eingeflößt bekommen. Schweizer Organbanken sind keine sichere Bank, die Urinalbeschwerdensozietät (UBS) zb hatte zuletzt nicht nur schweizweit schlechte Presse weil deren oberstes Organ eine Menge Organe verschlampt hatte.

Fazit
Das moderne Organspendertum ist eine diffizile Angelegenheit. Das was man im Ersatzteillager dringend bräuchte kann nicht immer künstlich hergestellt werden, wie zB Hüftgelenke. Das was viele gerne spenden würden will keiner, zB Fett, Falten oder Ausschläge. Und das wovon man mehr Ersatzteile brauchen würde will keiner so freiwillig hergeben. Es ist doch paradox - in unserer depressiven Industriegesellschaft will jeder irgendwo sein Herz ausschütten, aber nachher will es doch jeder wieder zurückhaben...
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(Bild: Wikimedia Commons / CC BY)

18 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Das herkömmliche Organspenden wird wg unüberwindbaren Sprachbarrieren eingestellt, seit im OP bei uns eine Patientin klagte, sie könne nicht mehr basen. Zuerst wurde ihr eine Blase implantiert und danach noch psychiatrisch behandelt. Ein Sextherapeut wurde auch aufgeboten.
Dabei heisst blasen im Senslerdialekt atmen!

Das schweizerische Pharmorganlager forscht nun an Pillen die das schwache Organ nachwachsen lassen.
Erste ermutigende Ergebisse liegen vor! Der grossangelegte Feldversuch wurde mit einer blauen Pille durchgeführt, deren Name mir jetzt partout nicht einfallen will. Die Wirkung sei phallomanal.

Dem Vernehmen nach sind weitere Forschung am Cere Bellum in Arbeit. Erste Feldversuche erwiesen sich als Nullnummer. Die Probanden wanderten alle nach Lichtenstein. Die Kontrollgruppe wurde Politiker...

tobiwei.de hat gesagt…

Verdammt. Wie konnte ich nur daran denken, mit kampferprobten Lebern auf dem osteuropäischen Organhandelmarkt im Auftrag des e.V. für Vermittlung von Diliriumorganen Geld zu machen, wenn das in den Bergen längst Tradition ist?

Neeeeeeeeiiiinnnn....

Aber als anerkannter Leistungsträger weigere ich mich, meine Arme zu spenden, wie sollte ich denn dann weitere preisgekrönte Designs bauen können? Undenkbar. Mit dem Mund die Maus bedienen? (Geil - watt 'ne Idee für meine Marktlücke! Ick habs! Ick werd' reich! Endlich! iMouthMouse!!!!)

Darüberhinaus sehe ich es nicht ein, dass so ein Penisschmarotzer jährlich neue Schniedelimplantate bekommt, währenddessen wir, die Leistungstragende Elite dieser tapferen Nation mit den verkümmerten Geschlechtsorganen der Zeit von vor den Weltveränderern Anna Bolika und Sili Kon klarkommen muss....

Erdge Schoss hat gesagt…

Britische Unfallärzte der Monty-Python-Klinik, Leicester, waren da schon vor Jahren unkomplizierter und holten dann ab, als Material gebraucht wurde. Tu felix Britannia.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Gaviota hat gesagt…

Herrlich geschrieben, lieber Rick... !
Das ist ein Thema was mich sehr berührt, aufgrund meiner "Kenntnisse" in diesem Bereich und die Hoffnung, Junior 1 wird nie drauf angewiesen sein...und wenn doch:
Aus diesem Grund würde ich alles hergeben was ich habe!
(Ein etwas ernster Ansatz zu dem Thema)

Rick hat gesagt…

Ich hoffe auch, liebe Gaviota, dass es in Deiner Familie beim theoretischen Wissen darüber bleiben wird können. Und im Geben bist Du sowieso Weltmeisterin, Organe hin oder her... :)

Rick hat gesagt…

Das mit der Organabgabe, guter Tobi, wird sicherlich nur der Anfang. Sicherlich werden bald ästhetisch prekäre H4-Blogger auf Dein Blog stoßen und die ungerecht verteilten Begabungen monieren. Und dann wird der Staat eingreifen und Du wirst monatelang für andere Templates bauen während Dir selber nur mehr die Verwendung von Nur-Text-Gestaltungen erlaubt sein wird. Du bist nicht nur Berlin, sondern auch Deutschland... ;)

Rick hat gesagt…

Kein Wunder, werter Herr Schoss, dass auf der Insel alles so teuer ist. Dort werden nicht nur in Newport Pagnell in Handarbeit Astons geschraubt, sondern auch abseits des bekannt tollen Gesundheitswesens im Pfusch Leiber repariert. Und Handarbeit kostet halt, keine Frage...

Rick hat gesagt…

Ich kann mir gut vorstellen, lieber Dan, dass in der Schweiz die Fabelwesen nur so vor sich hin erschaffen werden, alleine aus sprachlichen Missverständnissen. Es gibt wohl kaum ein Krankenhaus in der Schweiz wo das ganze OP-Personal denselben Dialekt spricht, selbst wenn alle Beteiligten im selben Haus derselben Straße im selben Ort wohnen...

Gaviota hat gesagt…

Du bist süß, lieber Rick ;-)...deine Worte in Gottes Ohr!!!!

stubbornita hat gesagt…

geschätzte damen und herren

meine restleber gebe ich nicht her, jetzt wo sie endlich so weit erzogen ist, dass sie ihren job wieder macht. auf einer transplantationsliste zu stehen ist ein alptraum, also runter da mit uns allen und einen doppelten whisky auf den schrecken. darin dürfte auch der geübte gamma-gt-schänder zustimmen, der als oberstes organ der ubs fungiert: jede spende ist willkommen. aber wirklich nur im notfall.

prost

stubbornita

Unknown hat gesagt…

..... organ-handel is' doch unsinn.....
..... so was von web 1.0.....
..... heutzutage betreibt man doch eine organ-tausch-plattform, so was wie organrr.com oder so.....

..... in diesem sinne.....:
..... biete ein gut erhaltenes doppelkinn und ein gutes pfund depotfett von einer stelle die selten das tageslicht sah, und suche einen stabilen und bisher unversehrten beckenknochen und eine noch verschleissfreie rotatoren-manschette der linken schulter.....

Anonym hat gesagt…

übrigens trinke ich nur noch klaren Schnaps um einer Lebertransplantation zu entgehen!

Den "Klaren" sieht meine Leber nämlich nicht....

Bitte mich wie deshalb (wie Stubbornita) aus den Listen zu streichen...

Anonym hat gesagt…

Laut Prognose meines Systemadministrators soll mein digitalisiertes Ich in 2050 von Organspenden gänzlich unabhängig sein.
Dann wird mein Avatar nach Belieben kurzerhand ausgetauscht. Dann lasse ich mir vom Designer meiner Wahl einfach ein neues Outfit entwerfen.
Da ich weiss, dass dieser Beitrag rahmensprengende ethisch motivierte Diskussionen auslösen kann, habe ich mich mit meiner Äusserung bewusst zurück gehalten. Wer sich detailliert dafür interessiert, dem seien die Visionen von Ray Kurzweil empfohlen.

Rick hat gesagt…

Da wir hier Organspenden besprechen, liebe Gaviota, könnte man Gott ja das passende Ohr gleich mitgeben...

Rick hat gesagt…

Mögen Sie, gnä stubbornita, bis ins hohe Alter gesund, unversehrt und vollständig bleiben. Sollte Ihnen aber ein bösen Unfall mal einen Teil ihres Hirns rauben, wertes Fräulein, dann könnten Sie sich nachher wohl endlich mal auch mit 80% der normalintelligenten Normalbevölkerung unterhalten...

Rick hat gesagt…

Brilliant erkannt, kopfchaos, das wird zweifellos die Zukunft. Nachdem zB in Brasilien sich Brustimplantate für Männer schon beinahe so gut wie das Silikon für die Damen verkauft ist es nur noch eine Frage der Zeit bis das gebrauchte Zeuchs hierzulande auch bei eBay landet. Wenn mann / frau zB auf die nächste Größe ausrüstet oder wieder mal einen neuen Bodystyle machen lässt...

Rick hat gesagt…

Laut Prognose meines Wahlbarometers, werter bee, wirst Du spätestens 2021 nach der absoluten Mehrheit von DIE LINKE in ein staatliches Organkollektiv integriert und wirst Dir alleine deshalb schon keine großen Sorgen mehr machen müssen über Körperteile die noch Dir selber gehören...

Rick hat gesagt…

Gut so, lieber Dan, solange Du nicht beginnst nur mehr Essen zu Dir zu nehmen das Dein Magen nicht hört. Des Schossens Askesephase sollte uns ewig eine Mahnung sein...