01.02.2008

Hitler, wirtschaftlich betrachtet

Seit es Werbung gibt versuchen geschäftstüchtige Marketinggurus die Strahlkraft von Prominenten zu nutzen um überdurchschnittliche Profite einzustreichen oder Verkaufsziele aller Art beschleunigt zu erreichen. Speziell in Deutschland ist der profitabelste Promi ausgerechnet ein historischer Schlächter der eigentlich schon lange tot ist...

Jüngster Fall
In der Printausgabe 04/2008 des HORIZONT (die Wochenzeitschrift der österreichischen Werbewirtschaft, somit weitgehend vom Verdacht befreit in Deutschland irgendeiner Gesinnungsgruppe nahezustehen) zieht Rainer Seebacher Bilanz über die jüngste Affaire rund um den Dschungelcamper DJ Tomekk und dessen fragwürdiges Liedgut und Ansichten. Ein inkriminierendes Video des Herrn Tomekk hätte dem Portal Bild.de zu sagenhaften Clickraten verholfen, und auch der Ausschluß vom geschmacklich so trittsicheren TV Format hätte RTL neue Quotenrekorde gebracht. Herr Tomekk selber der zuvor nichtmal ein Z-Promi war braucht sich in Zukunft wohl auch keine Sorgen mehr um seine Bekanntheit machen. Rainer Seebacher sieht in seinem Fazit die Gefahr dass das Beispiel Schule mache und Adolf Hitler als Zitat Umsatzgenerator und Karriereturbo genutzt werde. Hand nach vorne gestreckt: haben wir das nicht längst?

Öffentlichrechtliche Beschallung
Es gibt Wochen im deutschen öffentlichrechtlichen Funk in denen Adolf Hitler mehr Sendezeit hat als der jeweilig amtierende Bundeskanzler. Obwohl Hitler bekanntlich gar nicht mehr im Amt ist. Ob Hitlers Tischdeckchen, Hitlers Schäferhunde oder die Helfer von Hitlers Helfershelfern, was nicht bereits tausendfach berichtet wurde wird eben konstruiert. Bezahlt aus dem Geld der Gebührenzahler. Guido Knopp ist vermutlich kein unvermögender Mann. Ob die GEZ Kunden das auch so bestellen würden wenn sie die Wahl hätten?

Mahnmalindustrie
Berlin hätte wirklich dringend die Renovierung oder den Neubau von Kitas gebrauchen können, von der Verbesserung der Gesundheitsversorgung ganz zu schweigen. Aber nein, es musste noch ein hektargroßes Mahnmal mit tausenden Stelen sein. Oder wie war das noch mit der Degussa? Geistig arm, aber sexy? Und wie sieht es mit dem Begriff Shoa Business aus, da war doch auch was? Wenn Sie in Deutschland als Kleinstunternehmer mit einer Würstelbude sich verkalkulieren dann fahren Sie am besten mit der Dampframme rein. Und verkaufen der öffentlichen Hand die Überbleibsel als Antisemitismusmahnmal. Soviel können Sie mit Würstchen niemals verdienen.

Mediengeschäft
Ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an den Stern-Skandal rund um die gefälschten Hitler-Tagebücher. Es waren für damalige Verhältnisse gigantische Summen im Spiel, und wäre das Krisenmanagement des Stern damals geschickter gewesen hätte man selbst aus dem Skandal noch viel mehr Geld herausholen können. Ob der jüngste Fall rund um DJ Tomekk, ob die komische Erinnerung von Frau Herman an deutsche Autobahnen oder zB in Österreich die extravagante Art Herrn Straches drei Bier zu bestellen: bei Konnotationen zur Nazizeit klinken regelmäßig die Hirne so verläßlich kollektiv aus dass die Quoten ein absoluter Selbstläufer sind, samt der damit eingehenden kollektiven Empörung (und der Empörung über die Empörten in Foren und Kommentarteilen von Onlinemedien). Ein Quotenrenner seit nunmehr 6 Jahrzehnten.

Quintessenz
Knut war irgendwann mal erwachsen und somit nicht mehr verwertbar, und auch Flocke wird irgendwann mal ein fader großer uninteressanter Eisbär sein. Hitler ist zwar schon über 60 Jahre tot, aber in Deutschland immer noch ein Schlager. Ob nun politische Gesinnungsgruppen, die Gedenkindustrie oder die Medien: sie alle sind skrupellos genug um auf dem Rücken der damals grausam zu Tode gekommenen Menschen vom seltsamen deutschen Umgang mit der eigenen Geschichte zu profitieren, sei es mit Wählerstimmen, Geldern aller Art oder Quoten. Und es gibt genug Leute die starkes Interesse daran haben diese Epoche der Geschichte unbewältigt zu lassen um sie weiter auszuschlachten...
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Weitere Artikel rund um Nazis und den seltsamen Umgang Deutschlands mit seiner eigenen Geschichte:
Deutschland - Zuchtstation für Diktatoren?
Wird der Fall Göring neu aufgerollt?
DIN-genormtes Geschichtsbild Folge 7456

(Bild: Wikipedia / Public Domain)

16 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Die Leserzahlen, lieber Rick, dürften nun, dank des verblichenen Marketingboosters, erheblich in die Höhe schnellen. Jetzt noch ein Nacktfoto vom Beckenkaiser und U9TA würde zum Uebernahmekandidaten für Murdoch. gg.

Wir haben in der Schweiz halt nur einen (noch lebenden) abgewählten Führer. Wenigstens hat der seinen Reichtum auch Dank des III. Reiches erwirtschaften können...

Rick hat gesagt…

Jener abgewählte Führer, lieber Dan, war ursprünglich auch noch der Erwähnung angedacht gewesen, aber es reicht dass heutzutage jeder unbequeme internationale Präsident oder Spitzenpolitiker gerne mal gemäß Godwin mit Hitler verglichen wird.

Aber das ist mir auch schon aufgefallen: wäre Pawlow ein Eidgenosse gewesen und hätte keine Hunde gehabt dann hätte er seine Experimente gewiß mit einem in der Schweiz sehr bekannten Schafexperten gemacht...

Anonym hat gesagt…

Da Pawlow und Hitler beides Hundeliebhaber waren, lieber Rick, müsste demnach die klassische Konditionierung, zur konditionierten Klassik umgeschrieben werden. Aber dass wäre dann gegen Schoppenhauer und die Weimarer Sozialkonditionierung; wodurch sich jedoch die sozialnationalistische Entklassifizierung brückenschlagend zur nationalsozialistischen Hitlerkonsumierung beweisen liesse.
Womit wir wieder bei der wirtschaftlichen Betrachtung von Hitler und den Cervelaturbos wären....

Rick hat gesagt…

Absolut genial, lieber Dan! Sobald ich jemanden gefunden habe der mir das einigermaßen verlustfrei erklären kann werde ich hoffentlich etwas dazu sagen können...

Reverse Eating hat gesagt…

hmmm... ein hilterlastiger content ist aus seo-sicht bestimmt sinnvoll - vorausgesetzt, man wird bei google anständig gerankt -, aber die leute, die man sich damit auf die seite holt, gehören einfach nicht zu meiner lieblingsklientel (und ich meine jetzt nicht irgendwelche achtklässler, die ein referat für geschichte schreiben sollen).

ansonsten: etwas mehr gelassenheit bezüglich dieses themas wäre angenehm. aber neben den leuten, die sich durch "hitler" ins rampenlicht drängen wollen, gibt es eben auch die selbsternannten moralapostel, die gleiches versuchen, indem sie solche sachen lautstark verurteilen.

Anonym hat gesagt…

Eva Hermann, meine Lieblingsautorin seichter Trivialliteratur in schlaflosen Nächten hat dieses Prinzip ebenfalls erkannt und bedient sich kongenial der Strahlkraft von Hitler beispielsweise bei der Erfindung der vierspurigen Autobahnen oder der einmaligen Kraft durch Freude für Manner durch Frauen.
Auch hier zeigt sich: Marketing ist, wenn das GRÖFAZ * (Medium) auf einen GAU* (Merde) trifft.

* Abk. vermutlich: Größte Frankfurter Allgemeine Zeitung oder ähnliches Medium
* Abk. vermutlich: Größter Anzunehmender Umsatzbringer

Anonym hat gesagt…

Es ist schwer das so zu sehen, aber gut zu lesen.

Anonym hat gesagt…

Nur mal so zur Info: Die Horizont gibt es auch in Deutschland und beide Zeitschriften gehören zum Deutschen Fachverlag.

Unknown hat gesagt…

..... ja, ich weiss, dass ich mit meiner beschränkten und distanzierten schweizerisch-irischen sicht auf die geschichte europas von vor über fünfzig und mehr jahren so zu sagen nix zu sagen wagen darf.....

..... trotzdem zerreis' ich mir nu' jetzt ma' das maul.....!

..... der "normale" deutsche is' auch heute noch stigmatisiert durch die vorgänge im und um's dritte reich.....
..... dass dies vielleicht auf dem mist der vielen sozial-demokratischen und mit linker ideologie verblendeten lehrkörper, die sich im deutschen bildungswesen herumtreiben (vielleicht weil so 'n sozi keinen anderen job gefunden hat.....?), gewachsen is', das is' jetzt einfach ma' meine theorie.....
..... man hat sich selbst in die ewige opferrolle begeben, denn sowas wie der adolf darf es nimmer geben und am besten man spricht nimmer darüber, denn der mantel des schweigens gibt doch so schön warm und schützt vor scheelen blicken.....
..... anstatt dass man sich konstruktiv mit der sache auseinander setzt, was in meinen augen der viel bessere schutz is' gegen das nationalsozialistische gedankengut.....
..... und ja, die nationalsozialisten haben ned nur schlechtes gemacht, denn sie sind es doch gewesen, die das damalige deutschland nach dem ersten weltkrieg wieder aufgebaut hatten, sie waren es, die den leuten arbeit, und somit auch essen und wohnung, gegeben haben.....
..... auch die autobahnen will ich erwähnen, diese wurden ja zum kreislauf der damaligen deutschen wirtschaft, ja, autobahnen bringen auch heute noch sehr viel gutes.....

..... nicht der alleinige gedanken dass damals alles schlecht gewesen sei darf heute grundlage sein, nein, man sollte das ganze betrachten und er- und bekennen, dass jede medaille zwei seiten hat.....
..... wie schon gesagt, nur mit einer gesunden konstruktiven haltung kann man fortschritte machen.....

Rick hat gesagt…

Das hier zitierte Wochenperiodikum Horizont.at hat seinen Sitz im österreichischen Perchtoldsdorf, ebenso wie dessen Eigentümer der Manstein Verlag. Das muss auch ein WerBär zur Kenntnis nehmen. Es sei denn Österreich gehört schon wieder zum Großdeutschen Reich, davon hätte man aber in Unterneuntupfing noch nichts gehört.

Rick hat gesagt…

Besagte Herrschaften, guter Herschel, kriegt man ja relativ schnell wieder weg indem man zwodrei sehr ausländerfreundliche Artikel schreibt.
Umgekehrt hat heute jedes länderübergreifende deutschsprachige Blog oder Magazin >80% Leser aus Deutschland. Und schreibt man heutzutage keine ausreichend wirtschaftsfeindlichen Artikel im Wirtschaft & Politikteil so reisst das ziemlich schnell tiefe Schneisen in die 80% rein...

Rick hat gesagt…

...Größte Frankfurter Allgemeine Zeitung oder ähnliches Medium...
Trifft es, guter Bee, ziemlich auf den Kropf. Normal ist es ja mühsam den einen oder anderen Link zu suchen um eine Aussage zu ergänzen. Den Artikel Quote durch Hitler hingegen hätte man spielend alleine einzig aus Links deutscher Tageszeitungen quer durch das komplette politische Spektrum erstellen können...

Rick hat gesagt…

Deine Meinung unbenommen, wertes Kopfchaos, aber wie Du ja selbst einleitend geschrieben hast: als irischer Schweizer sieht man die deutsche Geschichte wohl aus einer etwas anderen Perspektive.

Interessant ist, und darum gings im Artikel, dass mit dem toten Diktator auch heute noch ungebrochen jeder sein Süppchen kocht. Politisch die einen als immerwährendes Feindbild, die anderen mit seltsamen Geschichtsbildern. Die Medien wegen der Quote, und Sinti & Roma wären heute nicht über Europa in Slum-ähnlichen Siedlungen verstreut wenn sie sich kaufmännisch einiges von anderen Opferverbänden abgeschaut hätten. Bleibt am Schluß die Frage über wieviel Zukunft eine Gesellschaft hat die so ausgiebig in der Vergangenheit lebt?

Unknown hat gesagt…

..... ebend, würden die verantwortlichen für die bildung es endlichma' an die hand nehmen den klein-adolf zu entmytifizieren, dann wär' auch das problem des medienrummels um ihn behoben, denn wenn kein hahn mehr nach klein-adolf schreit, dann is' er auch uninteressant für die medien da er keine quoten mehr generiert.....
..... auch die politiker könnten nich' mehr seine leiche, sein werk oder sein andenken fleddern, er wär' kein feind mehr und auch kein freund mehr, sondern nur ein mann, der in der historie auftaucht und wieder dort in der versenkung verschwindet.....
..... das stigma des "deutschtums" wär' auch nicht mehr vorhanden.....

..... ja, ich weiss, das geht ned heut' auf morgen, generationen müssen sich noch mit dieser frage beschäftigen, und dies muss ned erst in der zukunft, sondern in der gegenwart geschehen.....
..... und die vergangenheit, so viel wir auch aus ihr lernen kann, wär' dann wirklich nur mehr vergangenes.....

..... angenehmer nebeneffekt einer solchen entwicklung wär' die nihilisierung des personenkultes, man könnt' viel eher in medias res gehen, ohne sich foutieren zu müssen an welchem mythos man deswegen kratzen könnt'.....

Anonym hat gesagt…

Salve

Hmm obwohl ich mich an die Tagebücher erinnere möchte ich mich davon distanzieren ein älteres Semester zu sein.... Ich bin höchsten ein mittelälterliches Semester.

Betreffend den Herren Godwin und Hitler (oft auch GröFaZ genannt) nur eines. Irgendwer hat mir mal geschrieben, dass ein Herr Godwin gesagt habe, wenn einem die Argumente ausgehen erwähnt man 8 oder zieht einen Vergleich mit dem dritten Reich resp. den dort herrschenden Missständen.

Er ist eine Quotensau unvergleichlicher Art, inkl. seiner Helfer und Helfershelfer. Aber auch an Begräbnissen sind oft mehr Leute als der direkt Betroffene eingeladen hätte. In diesem Sinne.. lassen wir den Kerle ruhen und erinnern die jüngeren Semester regelmässig an die von ihm verursachten Schandtaten. Gott sei dank sind die anderen aus der gleichen Ecke lange nicht so interessant.

Muss ich übrigens mal ausprobieren... das mit der Quotensau..

Christian

Rick hat gesagt…

@kopfchaos:
Das wäre wohl der sachliche Zugang. Es bestehen starke Zweifel ob dieser die nächsten Jahrzehnte eine Chance bekommt, es wird schon einen Grund haben warum Schmidt & Pocher ihr Nazometer nicht allzu lange im öffentlichrechtlichen Funk verwenden durften. Ist eine Gesellschaft erstmals auf ein Verhalten konditioniert dann braucht es Generationen...

@Christian:
Gemessen an den eifrigen Politbloggern denen Du nicht 'politisch' genug bist bist Du, lieber Christian, ein alter Sack (oder schon erwachsen), find Dich damit ab. *zwinker*
Abseits davon empfinde ich dass meinungsfreiheit.li gut ist wie es ist, auch ohne Quotensauen ;)