08.03.2008

Deaktivierungsgebühren & sonstige kreative Abzockereien

Vor geraumer Zeit wollte wieder einmal ein für sein kreatives Verrechnungsgebahren bekannter Mobilfunkbetreiber ein neues Verdienstfeld eröffnen: treulose Kunden die zur Konkurrenz wechseln sollten eine Deaktivierungsgebühr zahlen. Im Grunde genommen alte Säure in neuen Schläuchen, das Konzept existiert nämlich andernorts schon lange...

Mobilfunker
Wie Die Presse jüngst berichtete hätte diesmal der Mobilfunkbetreiber A1 sich vorgenommen fortan Deaktivierungsgebühren zu erheben, natürlich begründet mit dem üblichen Marketingsprech. Scheiden ist teuer, das wissen alle Exverheirateten die einmal einen jahrelangen Rosenkrieg mit teuren Anwälten durchgefochten haben (auch eine Form der Deaktivierungsgebühr). Dem Mobilfunkbetreiber ging es wohl eher darum Kunden am Abgang zu hindern, und wenn der treulose Kunde schon flüchtet dann soll er noch mal so richtig abdrücken. Gewiß, Mobilfunkbetreiber sind wahnsinnig kreativ bei der Erfindung von Kosten für den Handyphonierer, aber es wäre ungerecht die geistige Geburt der Deaktivierungsgebühr alleine den Telefonieprovidern anzulasten.

Staaten
Viele Staaten kassieren nämlich schon seit Ewigkeiten Deaktivierungsgebühren von ihren Bürgern. Sie machen das allerdings unter dem bekannteren Titel Erbschaftssteuer. Wenn also ein Erblasser amtlich deaktiviert wird (und zu einem himmlischen nation provider wechselt wo es weniger Steuern gibt) dann langt der Rabenvater Staat nochmals kräftig zu und versteuert von dem was der Erblasser übrig lässt und in seinem Leben ohnehin schon vielfach versteuert hat noch einmal für seine Erben. Allerdings wäre es unredlich diese Erfindung alleine Fiskalpolitikern anzulasten, dergleichen Deaktivierungsgebühren bei Ableben gibt es nämlich schon länger als die heutigen staatlichen Verwaltungskonstrukte.

Kirchen
Bei der katholischen Kirche war es zB schon jahrhundertelang Brauch eine Deaktivierungsgebühr von den Gläubigen zu erheben, allerdings unter dem gebräuchlicheren Namen Ablass. Die Deaktivierungsgebühr konnte in Form von Geld geleistet werden, aber natürlich auch in Form von sonstigen materiellen Besitztümern, wie zB Immobilien. Die katholische Kirche akzeptierte hier stets großzügig eine Vielzahl von Zahlungsmitteln, einzig Paypal ward nicht genommen, vielleicht weil es damals noch nicht erfunden war. Andere Glaubensrichtungen hingegen gewähren sogar Deaktivierungsprämien, denken Sie zB an die radikalen Islamisten und ihre dingsundsiebzig Jungfrauen nach einer terroristischen Gefälligkeit des Gläubigen für die wahre Lehre.

Täglicher Alltag
Kriminalität und Gewalt ist ja meistens eine eher niveaulose und würdelose Angelegenheit. Die Welt wäre ein Stück kultivierter wenn zB ein Raubmörder seinem Opfer in spe in gewälten Worten klar machen könnte dass er lediglich eine Deaktivierungsgebühr inkasso nehmen würde, und wenn er versprechen würde das Opfer könne ja wenn er mit der Raubmordleistung nicht zufrieden wäre später vom Vertrag zurücktreten, kostenfrei, und bekäme das ganze Geld zurück. Gewalttaten würden viel streßfreier ablaufen, für alle Beteiligten. Deaktivierungsgebühren sind somit eine wichtige Erfindung der Menschheit, auch wenn Kunden auf den ersten Blick den Sinn nicht immer begreifen wollen.
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(Bild: CathyK / stock.xchng / Royalty free)

4 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Abzocke, ein weit verbreitetes Uebel staatlicher und Wirtschaftlicher Ideenlosigkeit.

Abzocke in der Wirtschaft nimmt leider überhand, aber auch die Politiker zocken ihre Wähler ab...

Abzockmania wo man hinschaut...

Goggi hat gesagt…

Die Lösung wäre hier natürlich eine vorgezogene Umgewöhnungs- und Scheidungsgebühr, die nicht nur an Hochzeiten und sonstigen unvorsichtigen Vertragsabschlüssen erhoben würde, sondern zum Beispiel auch bei Geburten - falls aus dem Bengel nichts wird.

Rick hat gesagt…

Ich hoffe, guter Goggi, findige Fiskalpolitiker lesen hier nicht mit. Sie könnten bei Deinem cleveren Vorschlag auf dumme Gedanken kommen. Zum Beispiel eine Partnerlosenversicherung einführen, bezahlt durch zusätzliche Steuern von Eheleuten. Oder etwa wie bei der betrieblichen Vorsorge für Ehepartner Abfertigungsmodelle und gesetzlich verpflichtete Rücklagen erfinden. Heiraten könnte künftig noch teurer werden als es ohnehin schon ist (besonders wenn es in die Brüche geht)...

Rick hat gesagt…

Schon Gott damals Adam und Eva mit einer fiesen Schlange abgezockt, und das Ding mit der Rippe ist sogar ohne Organspendeausweiß abgelaufen. Und Adam, so mag es überliefert sein, bekam nach der Operation nicht mal den ihm gesetzlich zustehenden Krankenstand, bei vollem paradiesisischen Lohnausgleich...