07.04.2008

Gesundheit zum Kilopreis

Pünktlich zum Weltgesundheitstag finden sich im gesamten deutschsprachigen Raum auch genug Schlagzeilen zum Ungesundheitswesen und den Kranken Kassen. Besonders am Gesundheitsmarkt ist ersichtlich wie teuer es für die Konsumenten wird, wenn man die Gestaltung desselben den Politikern und Sozialfunktionären überlässt. Ein paar heilige Konzepte der asozialen Marktwirtschaft haben eben ihren Preis...

Weltgesundheitstag
Heute ist Weltgesundheitstag. Sinn
des Weltgesundheitstags ist es dass Ärzte, Gesundheitspolitiker und Sozialfunktionäre einen Tag lang verkünden dürfen wie sie das Volk gesunden wollen, um sich auch das restliche Jahr über wieder kräftig an völlig überhöhten (Zwangs)beiträgen der Krankversichten gesund zu verdienen.

Aktuelle Pressemeldungen
Dazu passend natürlich aktuelle Pressemeldungen. Bei den Eidgenossen zB warnte die SP vor einer Zwei-Klassen-Medizin und zitiert dabei ausgerechnet den objektivsten Dokumentarfilmer aller Zeiten, Michael Moore (natürlich darf es nur eine Klasse geben, und Spitzenpolitiker & -funktionäre werden sich auch weiterhin zu allen anderen auf den Gang legen wenn sie mal krank sind). In Österreich wiederum, vermutlich nach Kuba und Nordkorea das letzte Land wo der Bürger sich nicht aussuchen kann wo er sich krank versichern möchte und per Gesetz je nach Erwerbsart Zwangskunde der einen oder anderen defizitären öffentlichrechtlichen Krankenkasse ist, wird gerade der 768te Gesundheitsreformversuch begonnen. Der oberste Krankenversicherervorstand wird aber weiterhin nach dem Ergebnis der letzten Arbeiterkammerwahlen besetzt, nur so kann verhindert werden dass parteifreie Versicherungs- & Finanzexperten den Bürger entlasten. Der spannendste Artikel kam allerdings aus Deutschland von Die Welt unter dem Titel Kassen belohnen Jogger und Zähneputzer.

Soziale Gerechtigkeit
In sozialen Marktwirtschaften werden Beiträge zur Krankenversicherung nicht wie bei allen anderen Versicherungen auch nach Risiko & Versicherungsmathematik berechnet, sondern nach Einkommen (plus ein opulenter Aufschlag für Misswirtschaft, Lobbyistenprämie, Parteigünstlinge und Privilegien aller Arten in der Gesundheitsverwaltung). Der Gedanke dahinter ist, dass es mehrheitlich als gerecht und sozial empfunden wird ,wenn der Dauererwerbsunwillige der seine Stütze in der Kneipe versäuft weniger zahlt als die alleinerziehende dreifache Mutter die 40 Stunden plus sich im Beruf runterbuckelt. Gleichbehandlung bedeutet, dass alle einen unterschiedlichen Preis dafür bezahlen. Was an sich logisch ist, schließlich kostet es auch mehr einer Abteilungsleiterin einen Verband anzulegen als etwa einem Soziologiestudenten im 34.Semester der keine Demo auslässt, aber dafür Arbeit und eigenes Einkommen.

Pharma & Forschung
Auch die Pharmawirtschaft erfreut sich dabei immer noch eines weitgehend geschützten Marktes in dem man sich nicht so im Wettbewerb raufen muss wie in den meisten anderen Branchen. Und natürlich schönere Preise und vor allem geschützte Margen kassieren kann. Immer dann wenn ein einigermaßen mutiger Politiker die Privilegien der Pharmabranche ein wenig stutzen möchte kommt das rituelle Argument: "Damit würde die Forschung in der Pharmazie ein Ende haben!" Natürlich, deshalb fahren wir heute auch alle in Pferdekutschen rum und essen nur Butter mit Brot, weil in den Branchen Kraftfahrzeuge oder Lebensmittelindustrie freie Preisbildung jede Forschungstätigkeit unrentabel gemacht hat.

Krankjammern
Das bestehende Krankenwesen ist jahrzehntelang gewachsen, alle Politiker die es steuern sind Kinder des Systems, viele in der Bevölkerung können es sich gar nicht vorstellen quer zu denken. So nimmt es auch nicht Wunder dass viele Menschen gar nicht vom Gesetz wissen dass zB in Deutschland die Kranken Kassen verpflichtet gesundheitsbewusste Lebensführung zu begünstigen. Man stelle sich vor die Beiträge zur Krankenversicherung würden wirklich alleine nach Risiko & Lebensführung berechnet und nicht nach Einkommen: wer sich jetzt leisten kann sich 180 Kilo raufzufuttern oder alle zwei Tage eine Stange Zigaretten durchzupaffen, der müsste sich doch auch entsprechende Beiträge zum Gesundheitswesen leisten können? Aber nein, soweit wird es in den asozialen Marktwirtschaften nicht kommen, stellen doch die ungesund lebenden Menschen die Mehrheit der Wähler dar (und auch die Mehrheit der Politiker, das nebenbei). Und so wird wieder das Argument der Sozial Bedürftigen herhalten müssen um jede weitere Verteuerung für jene zu rechtfertigen die noch arbeiten und das System zwangsfinanzieren. Und dabei vor lauter Streß und Existenznot krank und ausgebrannt werden. Aber darum geht es ja bei Gesundheitsreformen, oder nicht?
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Weitere Artikel rund um Gesundheit, Staat und den ganzen Rest:
«Haste mal ne Leber für mich?»
Passivknutschen gefährdet die Gesundheit
Technostress & andere Computerkrankheiten

(Bild: hofschlaeger / Pixelio / redaktionell und kommerziell)

9 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Eine gute Gelegenheit zum Tag des gesunden Menschenunverstandes aufzurufen, der ja auch zur Gesundheitsmittelreform beitragen könnte, oder so...

Rick hat gesagt…

Ein Aufruf, den sich dieser da vielleicht schon zum simulierten kranken Herzen genommen hat, guter Dan...

Anonym hat gesagt…

Normal, lieber Rick ist ja eigentlich der umgekehrte Vorgang.

Aerzte verordnen bekanntlich ihren Patienten, gewinnorientierte und notwendige Behandlungsmethoden (Medikamente, Operationen etc,), die nur dem Zweck der Erhaltung ihres Lebenstandards dienen...

Das ist jedoch völlig legal!
Es ist wie in der Psychiatrie, da kann man meistens nur schätzen, wer Arzt und wer Patient ist.

Rick hat gesagt…

Man sagt ja, lieber Dan, der wo mit dem weißen Kittel rumrennt ist wohl eher nicht der Patient, und der mit dem Geldkoffer ist entweder der Primar oder der Pharmareferent.

Klassische Alternative zur Gewinnorientierung wären ja ordentliche 5-Jahrespläne. Ein gewisse Anzahl von Prostataoperationen legt der Staat im vorhinein fest. Gleicher sind natürlich verdiente Funktionäre des Volkes, die kommen zuerst drann. Und wenn aufgrund blühender Volksgesundheit weniger Prostataerkrankungen vorhanden sind dann wird auf Vorrat operiert. Und auf eine Herzklappe aus VEB wird man kaum länger warten als auf einen Trabbi...

Erdge Schoss hat gesagt…

Keine Frage, werter Herr Rick, der Weltgesundheitstag ist enorm wichtig. Aber ich möchte bei dieser Gelegenheit auch an den Tag des Kunstrasens erinnern, für den übrigens Sie sich seinerzeit, wie ich mich nur zu gut erinnere, mit Herz wie Esprit stark machten.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Rick hat gesagt…

Ich bin gerührt und nicht geschüttelt, werter Herr Schoss, dass Sie sich des Kunstrasentags noch entsinnen. Ja, was für ein Fest. Pelzige Veganer tanzten unter den Tischen und die Jungfern rochen nach Irish Kunstmoos...

Anonym hat gesagt…

Krank,
Kränker,
Krankenversichert.

Anonym hat gesagt…

Lieber Rick,
Die Welt titelt heute: Kassen belohnen Jogger. Die BILD dagegen schreibt: Wirt erhängte sich wegen Rauchverbot. Was das Revolverblatt, das die Wirklichkeit noch schlimmer darstellt als u9ta nicht schreibt: Der Wirt setzte ein Zeichen, indem ich die Krankenkasse in Zukunft nicht mehr belaste.
Wir alle wissen, dass Rauchen schädlich ist. Aber muss man der Gesundheit zuliebe gleich zu diesem drastischen Schritt greifen?

Rick hat gesagt…

Aber solche Einzelaktionen besonnener (Ex)Bürger, werter Bee, sind nur ein Tropfen auf das weiße Schwein. Wir brauchen statt einem Wirtschaftswachstum ein Mortabilitätswachstum. Am besten schaffen wir den ganzen Antiterrorkampfkrampf ab und importieren sämtliche gewaltsamen Konflikte auf heimischen Boden. Würde auch endlich ermöglichen dass unsere hiesigen Pazifisten die stets alles besser wissen endlich auch an Bürgerkriegszuständen persönlich partizipieren können...