In Österreich tobt gerade mal wieder ein Streit um eine Gesundheitsreform. Darunter versteht man in allen deutschsprachigen Ländern einen Prozess, bei dem die Profiteure des Systems (welche in der Vergangenheit bewiesen hatten von Ahnung über Wirtschaftlichkeit ausreichend unbelastet zu sein) zusammengerottet werden, um anschließend feierlich etwas zu beschließen, was für den Bürger noch teurer ist...
Kranke Kassen in Österreich
Anders als etwa in Deutschland ist es seit Generationen im Alpenland völlig unbekannt und unvorstellbar, dass ein Gesundheitswesen möglich sei, in dem der Bürger sich seine kranke Kasse selber wählen darf. Im Gegentum, die soziale Gerechtigkeit sieht in Österreich vor, dass jeder Erwerbstätige Zwangskunde ist bei einer bestimmten Kasse, und natürlich aus Solidarität mit den Nutznießern des Systems keinerlei Einfluss auf die Preisgestaltung der oft jahrzehntelang nicht genutzten Leistungen hat.
Logik des österreichischen Systems
Wie auch in anderen Ländern wird in Österreich Gesundheit nicht etwa wie bei anderen Versicherungen auch nach Risiko abgerechnet, sondern nach Einkommen. Dies deshalb, weil das Anlagen eines Verbandes an einen Besserverdiener natürlich teurer ist als für einen kleinen Angestellten. Über alle Zwangskassen trohnt ein Hauptverband, von dem eigentlich niemand genau weiß, wozu er zu Nutze ist. Die Vorstände in den Krankenkassen werden traditionell nach dem Ergebnis der letzten Arbeiterkammerwahlen besetzt, man betrachtet dies als realpolitisches objektiviertes Ausleseverfahren der Besten unter den Besten.
Österreichischer Selbständiger nach Überweisung der Quartalsvorschreibung zur Sozialversicherung
(Bild: dogfrog / flickr / cc-by)
Die neue Quittung für die Patienten
Umstritten ist derzeit unter anderem ob und wie die Patienten fortan, wie bei allen anderen seriösen Geschäften eigentlich auch, einen schriftlichen Leistungsnachweis erhalten sollen. Das Problem dabei ist vermutlich, dass dann darauf Positionen aufscheinen würden (wenn man es ganz ehrlich machen würde), die ein klitzeklein wenig schwer zu kommunizieren wären.
So könnte sie aussehen, wenn konsequent umgesetzt
Eine typische Abrechnung hätte vielleicht folgende Positionen:
- 15 Stk. Nixadrin Forte, 22 €
- 2 Mullverbände, 4,20€
- 1 Stk solidarischer einkommensabhängiger Reichenzuschlag, 1289€ / Monat
- 1 Stk Zuschlag für Sonderpensionsregelungen in den Versicherungsanstalten 823,40€
- 1 Stk Zuschlag für den gesicherten Deckungsbeitrag der Pharmaunternehmen 215,67€
- 1 Stk Zuschlag Missverwaltungspauschale 410€ / Monat
- 1 Stk Solidarausgleich Primarärzte 690€
- 1 Stk Verwaltungsabgabe für Unkosten aus hirnrissigen Gesetzen für das Gesundheitswesen 187,30€
- 1 Stk Personalkostenüberschußabdeckungsbeitrag für die streng parteibuchlose Personalbesetzung in den Verwaltungen der Krankenkassen 213,20€
Fazit
Eine wirklich ehrliche Variante der Patientenquittung erscheint politisch nicht wirklich durchsetzbar, das weiß auch die gesund lebende Ministerin Kdolsky. Man stelle sich vor, der Bürger wäre wirklich in der Lage genau zu prüfen, welche Gesundheitsleistungen er zu welchem Preis für sein Geld (nicht) bekommt? Es muss einen Grund haben, warum Gesundheitsreformen heutzutage immer Placebos sind die allen Beteiligten verabreicht werden...
Weitere Artikel zu Gesundheit, Staat und Kosten für den Bürger:
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Staatliche Wegelagerei
Böse Privatisierungen
13 Lesermeinungen:
Eben deshalb, werter Herr Rick, habe ich beschlossen, nicht malad zu werden.
Herzlich
Ihr Erdge Schoss
Gottseidank, werter Herr Schoss, hat Ihre hochvereehrte Frau Mutter Sie damals nach Ginsheim ausgeworfen, und nicht etwa zB nach Hintersiebenkirchen an der Krems. Dort könnte Sie sich selbst das Nichtmaladwerden nur schwer leisten...
Auch in der Schweiz wird um eine Gesundheitsreform getobt. Da es hier jedoch solch ein Quittungssystem schon gibt, stimmen die Schweizer Wahlbürger am 1. Juni darüber ab, ob unser Krankes Gesundheitwesen u.a.durch die Kranken Kassen zu verwalten sei, oder ob weiter Milliarden ungeniert verschleudert werden können. Bei der Abstimmung gehts um Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Krankenversicherung. Die Spitäler, die Aerzte und alle die etwas zu verbergen haben sind natürlich dagegen. Die mögen es eben nicht gerne wenn man ihnen auf die Finger schaut, oder so...
Danke Dan für die gut gewählten weiterführenden Quellen, sie sind eine gute Ergänzung zum Artikel.
Überall gleich ist sicherlich dass die Nutznießer dann sowieso wieder unter eine Theke stecken.
Man darf gespannt sein wie die Abstimmung (und mit welcher Wahlbeteiligung) in der Schweiz ausgehen wird...
Hier in CH geht es aber um einen Verfassungsartikel. Zwar immerhin einer, der das Wort "Wirtschaftlichkeit" enthält, aber aber der Auslegung dieses Begriffs auf Gesetzesebene werden dadurch noch nicht wirklich Fesseln angelegt. Somit müssen sich die Gesundheitsmanager hierzulande selbst bei Annahme der Vorlage noch nicht wirklich ernsthafte Sorgen um ihre Pfründen machen. - Die Wahlbeteiligung dürfte übrigens höher sein als auch schon, da wir ja noch über die Einbürgerungsinitative abstimmen dürfen...
Darin mag ein kleiner Unterschied sein, gnä stubbornita, im Nachtbarland geht es bei der Reform traditionell eher um Verfaselung.
Dennoch, polarisierende Einbürgerungsinitiative hin oder her, ich vermute die Beteiligung wird trotzdem wieder geringer sein als bei wirklich wichtigen Dingen. Die Abstimmung damals zum Stadionneubau des FC Aarau zB...
Kein Wunder haben sich vor 717 Jahren, an eine lauschigen Sommerabend auf die Herren Mechtal, Fürst und Stauffacher zu einem Bund wieder der Habsburgischen Steuerpolitik zusammengeschlossen.
Auf die Rüti trafen Sie sich und einige Jahre später wurde die Habsburgische Steuereintreibdelegation bei Morgarten vernichtend geschlagen. 100 Jahre später wurde die nächsten Beamtendelegation zu Sempach in den Orkus spediert.
Schon im Mittelalter war das Habsburgische Pfrüden und Hofschranzenwesen eine leide Plage.
Tja lieber Rick:
Die Ärzte sind überlastet.
Das Krankenhauspersonal ist unter bezahlt
Die Patienten liederlich betreut
Aber die Kohle die Du an die kranke Kasse sendest, kassiert der Herr Vasella in Form eines Jahresgehalt von über 20 Millionen Franken wieder ein. Die kranke Kasse, ist eine typische Einrichtung zur Umverteilung der Gelder, von den Tüchtigen zu den Faulen!!
Wirklich ein langer schöner Kommentar, werter Antoine.
Und in der Tat, zwar löhnt der Bürger regelmäßig ein kleines Vermögen, aber das Pflegepersonal und die niederen Chargen im Krankendienst haben weder vernünftige Arbeitszeiten, noch sind sie gerade in Anbetracht ihrer Verantwortung und Aufgabe anständig bezahlt.
Gleichzeitig stecken, wer Kostenrechnung kann der weiß das, in jedem Produkt oder jeder Dienstleistung im Personalkostenanteil auch Sozialabgaben, irgendwohin müssen sie ja umgeschlagen werden.
Und bei der nächsten realen Teuerungswelle waren wieder die üblichen Verdächtigen schuld (Konzerne, irgendein -ismus, Spekulanten usw usf).
Lieber Rick, du schreibst: "...um anschließend feierlich etwas zu beschließen, was für den Bürger noch teurer ist...".
Ich habe einen Vorschlag. Für alle, die sich beschissen vorkommen, könnte die Lösung darin bestehen, sich krank zu melden und alle Leistungen in Anspruch zu nehmen, die man glaubhaft in Anspruch nehmen kann, damit nicht eintritt, dass man draufzahlt als rausholt. Wenn das jeder macht, dann kann es kosten soviel es will, man bekommt immer mehr als man gibt. Logisch, oder?
Ziviler Ungehorsam in Form eines zivilen Gehörschadens, lieber Bee?
Durchaus eine interessante Idee, leider können dabei aber nur jene mitspielen die kündigungsgeschützt sind und endlos Krankengeld bekommen. Das schließt so manche Bevölkerungsgruppe davon aus sich mit den protestarisch Kranken solidarisch zu zeigen. Eine Form von ziviler Ungerechtigkeit, und das wäre schade.
Lieber Rick, ich sehe ein, mit meinem Vorschlag biete ich keine Alternative. So wird es ja bereits praktiziert.
Das Bild kennen ich irgendwo her...;-))
Jack, nachdem er sich von einer Besaugung erholt?
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