19.08.2008

Botellón in Zürich : Betreutes Saufen oder doch Verbot ?

zürich Ein paar tausend Jugendliche wollen sich demnächst im kleinen Kreis zu einem Umdrunk in Zürich treffen. Während man in Bern in der Vergangenheit wenig Probleme dabei hatte, sich vom Schwarzen Block die Stadt verwüsten zu lassen, tut sich die Zürcher Obrigkeit noch ein wenig schwer mit dem harmlosen Massenbesäufnis...

Botellon in Zürich - ist die Schweiz schon reif dafür?

Ein Botellón (bis hin zu den großen Macrobotellones) ist eine der wichtigsten spanischen Erfindungen nach der Spanische Fliege und der Spanischen Grippe. Damit jugendliche Komasäufer nicht alleine sozial ausgeschlossen werden, trifft man sich nach Vereinbarung über das Internet an großen öffentlichen Plätzen und betrinkt sich im Kollektiv. Jugendliche machen also in größeren Rudeln das, wofür die Alten in schäbige Kneipen gehen oder was sie zu Hause machen, bevor sie Ehefrau oder Ehemann schlagen.

Ob das Massenbesäufnis in Zürich auch wirklich stattfinden soll, darüber wird in der Schweiz derzeit heftig debattiert. Wir haben dazu Stimmen in der Bevölkerung eingefangen.

Betreutes Saufen in Zürich - eine Hilfe für Eltern

Fränzi Aufderleber, Mutter zweier Halbwüchsiger, etwa ist der Ansicht:

"Ach, ich denke so eine Veranstaltung hat schon Vorteile. Normalerweise saufen meine Jungs irgendwo unbeaufsichtigt, und es ist immer sehr mühsam sie zu suchen, wenn sie selber nicht mehr wissen wo und wer sie sind. Wenn man alle auf der Blatterwiese beim Chinagarten kaserniert ist das sicher praktisch für die Eltern."

Nach Euro 2008 nun Ouzo 2008 in Zürich ?

Sabine Schluckwyler vom Fremdenverkehrsbüro Gruezikon sieht die Angelegenheit pragmatisch:

"Irgendwie wäre es gegenüber der Jugend ungerecht, die Sache ab zu blasen. Während der Euro 2008 durften sich ausländische und heimische Gäste in der Fanzone den Alkohol fassweise hinter die Binde kippen, nur weil diesmal die UEFA nicht Veranstalter ist soll das diesmal anders sein. Man sollte sich auch besaufen können, ohne dabei ein Fußball Spiel sehen zu müssen."

Jugendlich beim Botellon

Jugendliche bei einem Botellón. Der Nachwuchs muss noch daran üben, sich besoffen genauso würdelos wie ihre Eltern zu benehmen.

Saufen als patriotische Pflicht für und vom Nachwuchs

Patriotische Töne schlägt schließlich Ueli Feldschlosser, Kassier vom eidgenössischen Säuferverband und Desintegrationssprecher der SVP, an:

"Wenn wir wirklich wollen, dass die Schweiz von betrunkenen Asylwerbern überschwemmt werden, diesen schwarzen Schnappsdrosseln, die den einheimischen Jugendlichen das Bier und den Wein wegsaufen, dann muss man diesen Bolero verbieten. Schweizer Bier muss den Schweizer Jugendlichen bleiben, und die Jugend muss eine faire Chance bekommen in die torkelnden Fußstapfen ihre Vorfahren zu wachsen."

Man darf also gespannt sein, wie die Sache ausgehen wird. Und wann der Alkohol ausgehen wird. Und wie viele Erwachsene dazu stoßen werden, um sich noch einmal richtig jung zu fühlen...

Weitere Artikel rund um die Schweiz :

( Bilder : ser.ddima, Media-Flema)

6 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Die Gramatik des Saufens muss erst noch erfunden werden. Wenn es Kommasaufen gibt, was ist dann ein Punkt, Ausrufzeichen, Strichpunkt und Fragezeichen saufen?
Der junge Generation muss die Möglichkeit gegeben werden, die Grammatik des Rausches neu zu erfinden.
PS: Die Welt ist so paradox, dass sie nüchtern Niemand mehr aushält!!!

Erdge Schoss hat gesagt…

Vorbildlich, werter Herr Rick, wie die junge Mutter das Wohl Ihrer Schutzbefohlenen im Blick hat. Wenn das kein Bundesverdienstkreuz wert ist, sollte man das gesamte Bundesverdienstkreuzwesen überdenken.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Anonym hat gesagt…

Interessant ist, dass das Berner Saufgelage von Adrian Amstutz jr. mit organisiert wird. Er ist der Sohn vom gleichnamigen Alpenhaider, einem der Vizepräsis der SVP...

Rick hat gesagt…

Pannen et circenses, die Herrschaften von der Heimatfront, lieber Dan, wissen schon, was sie dem Volk schuldig sind.

Wobei, werter Herr Schoss, das mit dem Bundesdings hat sich sowieso bald überholt. Bald wird es wieder so schöne Orden wie Held von Hessen geben. Mit Frau Y. als erste Trägerin.

Grammatik des Rausches, werter Antoine, das hat was. Auf diese Art und Weise könnte man auch der jungen Generation Bildung wieder schmackhaft machen...

Anonym hat gesagt…

Geschätzer Rick, wie bei allen kultivierten Anlässen, reduziert sich der Botellón auf die Frage des Kunstrasen. Dies hat der Kommentator Christoph Geiser im TagesanzeiterArtikel richtig erkannt.
Kunstrasen scheint des Geschäft des Jahrtausends zu sein.
Mir gefällt die Ansicht des Herr Professor. Der wohl unschuldigste Leidtragende an der Sache wird der Rasen sein. Immrhin, es wurde noch nicht mit der Würde der Pflanze argumentiert um den Anlass zu verbieten.
Christoph Geiser

Rick hat gesagt…

Brilliant erkannt, Antoine, natürlich ist die Quelle allen Seins Kunstrasen. Ein anderer Kommentator hatte gemeint, man wäre schon ein gutes Stück weiter, wenn man mal das Verbieten verbieten würde...