30.10.2007

Empörungswelle über das Trafficbeschaffungsamt

Google hat eine Runde PageRank-Update gespielt. Jetzt werden die wohl 98% einfachen Internetnutzer die unser Revolverblatt lesen ein "Päidsch-Was?" ausstoßen und zurecht den berühmten in China fallenden Reissack vor Auge haben. Aber unter vielen Glücksrittern im Internet hat die Aktion von Google einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, es ist viel Adrenalin, Aggressin und vermutlich auch Koffein geflossen. Wir versuchen ein Sittenbild der Szene so zu erklären dass auch Otto-Normalverbraucher darüber den Kopf schütteln kann...

Wer oder was ist ein PageRank?
Als Suchmaschinenbenutzer kennen Sie vielleicht das Phänomen : Sie suchen nach einem Fachartikel und bekommen aber die ersten drei Seiten nur Spamergebnisse. Der Anwender nennt das ärgerlich, der Spamanbieter nennt es Suchmaschinenoptimierung. Da Suchmaschinen nicht Feind ihrer eigenen Geldbörse sind versuchen sie das seit Jahren mit immer wieder veränderten Mitteln zu unterbinden. Spamanbieter versuchen das Unterbinden zu unterbinden, eine Art modernes Räuber&Gendarm-Spiel. Im deutschsprachigen Raum hat Google so ungefähr einen Marktanteil von 112%, daher ist die Suchmaschinenoptimierung für Google besonders beliebt. Google hat vor vielen Monden mal den PageRank eingeführt mit dem jede Website nach ihrer Relevanz bewertet werden soll. Theoretisch sollten Websiten mit höherem PageRank in den Suchergebnissen vor Websiten mit niedigerem PageRank gelistet werden. Praktisch wird das häufig ziemlich überbewertet, UNTERNEUNTUPFING Aktuell lag z.B. mit seinem BoreOut-Artikel trotz damals niedrigstem PageRank vor den entsprechenden Artikeln von Spiegel, Stern und vieler anderer großer Tageszeitungen, und das war nur ein Beispiel.

Glücksritter & Trittbrettfahrer
Nun hat Google zuletzt seine PageRank-Bewertungen mal wieder aktualisiert und dabei etliche Glücksritter nach hinten versetzt. Große Empörung zieht seitdem durch die Szene, insbesondere natürlich bei jenen die zurückgestuft wurden. Man liest eine Menge Artikel wo Leute wie beleidigte Kinder reagieren denen man das Lieblingsspielzeug weggenommen hatte, Verwünschungen der Suchmaschine und vor allem quer durch eine Betrachtung von Google wie es nur verwöhnte Balger haben können: Google als Trafficverschaffungsamt das gefälligst kostenlos Besucher liefern soll mit denen man dann Werbeumsatz erwirtschaft, ohne aber im Gegenzug nur einen einzigen Cent an Google dafür zu bezahlen. Viele Trittbrettfahrer betrachten nämlich Google als Selbstbedienungsladen der nur dazu da ist ihnen gratis Werbeeinnahmen zu verschaffen. Bei einigen hat das Google nun zurückgeschraubt. Vermutlich müssen sich diese nun erstmals im Leben um eine ehrbare Arbeit umgucken?

PageRank-Anbetung statt Inhaltspflege
Gerade die zurückgestuften Glücksritter verfolgten zumeist nämlich nur einen Fokus : egal mit welchem inhaltlichen Schrott - Hauptsache ganz vorne in der Suchmaschine. Stellen Sie sich mal vor ein Verlag würde eine Tageszeitung produzieren die inhaltlich so schlecht ist dass sich am Markt sogar der Kopfsalat weigert darin eingewickelt zu werden, aber der Verlag würde alles daran setzen am Markteingang an erster Stelle aufliegen zu dürfen und dort verkauft zu werden ohne dem frequenzbringenden Markthallenbetreiber Geld dafür zu zahlen. Würden Sie als Konsument so eine grottenschlechte Zeitung kaufen? Nun, der Markthallenbetreiber hat einige dieser Verlage nun nach hinten ins Altpapier verbannt. Damit werden die Marktbesucher nicht mehr belästigt, allerdings waren die Schrottverleger nicht amüsiert.

PageRank-Handel
Der PageRank gilt in gewissen Kreisen auch als Währung. Vereinfacht gesagt kann man theoretisch seine Reihung in Suchmaschinen steigern wenn man von vielen Seiten verlinkt wird die bereits einen hohen PageRank besitzen. Was die Glücksritter dazu getrieben hat ihre Schrottseiten alleine durch Linkhandel hochzutreiben, auch wenn sie keiner ohne vorgehaltene Pistole lesen will, Hauptsache vorne. Ins reale Leben übersetzt stellen Sie sich einen Verlag vor der zwar keine Zeitungen schreibt (oder wenn dann nur welche die selbst bei der Recyclingstation aus intellektuellen Gründen nicht angenommen werden) aber bei denen die Redakteure sich einzig damit beschäftigen in den richtigen Telefonbüchern zu stehen und wiederum selber die richtigen Telefonnummern anderer einzutragen. Klingt irre oder? Für viele Glücksritter im Internet ist das das ganz normale tägliche Leben. Bzw seit kurzem nicht mehr so wenn sie zu jenen gehörten die Google nun wieder dorthin gesetzt hat wo sie hingehören.

Rich Panic statt Page Rank
Wir von UNTERNEUNTUPFING Aktuell werden übrigens seit kurzem von Google mit einem PageRank von 4 geführt, das ist für so ein kleines Revolverblatt wie uns das noch nicht mal seine eigene Domäne hat und auch sonst nur ein paar Monate online ist ganz nett. Wir (und auch ein paar nette Blogger im Unterneuntupfinger Umfeld) haben das erreicht durch konsequente Vermeidung (fast) jeder Suchmaschinenoptimierung und all das unterlassen womit sich andere schwarze Schafe monatelang bemüht haben einen Vorteil bei der marktdominierenden Suchmaschine zu erschleichen. Einige dieser Glücksritter sind nun hinter uns. Nicht dass Schadenfreude geboten wäre, aber manchmal geht es im Leben auch gerecht zu...
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Weitere Artikel über Webpromotion, Vermarktung und (Un)glücksritter:
SEO - Trashkulturlegende von morgen?
Tücken der kreativen Offline-Vermarktung
Social Networks für Eliten

(Bild: dan taylor / Flickr / CC BY)

17 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Also,ich hatte lächerliche 10 oder 15 Google Leser am Tag,dass ist es nicht wert,irgendwelchen Aufriss dafür zu betreiben.
Ich finde,man kann entspannter schreiben ,wenn man gar nicht weiß,wieviel Leser man hat

Anonym hat gesagt…

Lieber Rick!
Vielen dank für diese ausführliche Erklärung! Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt was PR heißen soll! Jetzt bin ich dank dir schlauer ;-) und verstehe worum es eigentlich geht!

Rick hat gesagt…

Gute Daniela, Du bloggst ja auch nicht um einer anständigen Arbeit zu entgehen ;)
(genau genommen bloggt im Augenblick nun mehr Dein Hund)
Aber nicht viele Glücksritter haben 90% ihrer Zugriffe von Google. Und dafür keine Freunde...
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Liebe Gaviota,
ich glaube es kommt immer darauf an unter welchen Kreisen man verkehrt (sonst ist es verkehrt). Unter Managern ist es immer noch Public Relations. Unter rüstigen Rentnerinnen wohl die Preiselbeer Roulade. Und unter Mykologen vermutlich der Pfefferröhrling...

Rick hat gesagt…

...nicht wenige Glücksritter...

Anonym hat gesagt…

Danke! Du hast mir viel Schreibarbeit erspart. ;-)
98,9% der Bevölkerung geht der PR sowas von am Gesäß vorbei, bzw. wissen fast 100% dieser 98,9% gar nicht was ein PR ist und trotzdem kennt die sog. "Blogosphäre" kein anderes Thema. Wen wundert es da, das man da gar nicht mehr zu dieser eigentlich sowieso nicht existierenden Gesellschaft gehören will, nur weil man einen bestimmten Dienst oder eine bestimmte Software nutzt?
Abgesehen davon, kannte ich mal jemanden der PunkRocka nannte, abk. PR... daher fällt mir zuerst auch immer PunkRocka ein, wenn ich PR lese. ;-) Grüße an dieser Stelle, wo auch immer Du sein magst.

Anonym hat gesagt…

Also die Public Relations, werter Rick, die kannte ich schon ;-)...Nur die PR´s unter Bloggern waren mir unbekannt!
Man lernt nie aus ;-)

P.S. Eine Preiselbeer Roulade habe ich noch nie gegessen...habe ich da auch was verpasst? hmmm....

Rick hat gesagt…

@Bastian:
Punkrock statt Pagerank, das ist mal eine Ansage! ;)
Wobei das mit den 98,9% ist so ein Sache: wie schreibt man über diese Hysterie einen Artikel den diese 98,9% auch lesen wollen. Schließlich soll man ja nicht am Publikum vorbeischreiben, da wäre man keinen Deut besser als die Glücksritter...

@Gaviota:
Preiselbeerroulade ist meist eine picksüße Angelegenheit mit viel Ei, Zucker und Fett. Und hat somit alles was in einer gesunden Ernährung fehlen sollte ;) Ich würde mich als Köchin an das Pfefferröhrlingragout halten, dann hat Deine Küche auch gute PR ;)

Reverse Eating hat gesagt…

erstmal herzlichen glückwunsch, rick. es ist sicher nicht das schlechteste, von google auf u9tupfing gelotst zu werden. von daher steht dir der pr4 gut zu gesicht.

übrigens kannte ich den pr bis vor ein dreivierteljahr noch gar nicht. mein mitblogger robert hat mich in dieses "geheime" bewertungsverfahren von google eingeweiht :)

Rick hat gesagt…

Lieber Herschel, vielleicht löst der neue PR4 von Phase 5 ja bald auch das eine oder andere Wochenendlochproblem, ich drücke ganz fest die Daumen.

Mal schauen was der PR4 hier für einen Unterschied macht, bei Sumo war U9TA ja auch mit PR0 schon Marktführer *schmunzel*. Zumindest immer dann wenn bei Eurosport verzögert ein Turnier ausgestrahlt wird macht es bei U9TA in der Statistik einen Hüpfer. Was man dankend annimmt, über Nacht wegbrechende Besucherquellen von anderen Orten kennt man schließlich auch in Unterneuntupfing (das gehört wohl zum Lernprozeß dazu...)

Anonym hat gesagt…

Eventuell sollte man im Fall von U9TA "PR" ja auch mit "pulizistisch relevant" übersetzen. Nur so ein Gedanke. ;-)

Anonym hat gesagt…

Sehr gut und interessant geschriebener Beitrag! Nur das mit dem "kleinen Revolverblatt" lasse ich nicht gelten. Ich lese hier immer wieder gerne, ob mit oder ohne eigene Domaine, ob hoher oder niedriger PR.

PR hin und PR her. Der ganze Wind, der um diesen kleinen Balken gemacht wird ist vollkommen unverständlich. Letztlich schreibe ich meinen Blog aus Hobby.

Wer mehr möchte muss dann entsprechende Wege gehen, aber nicht herumjammern, "der hat einen höheren PR als ich, menno" . So kann man es in letzter Zeit an mancher Stelle in der Blogosphäre beobachten.

Die Vermarktung eines aus einem Hobby heraus geführten Blogs über alles andere zu stellen und dann mit den Finger auf andere zu zeigen ist einfach nur ein mieses Bild - meine ich!

Da sind mir "stinknormale Revolverblätter" erheblich lieber, da auch weniger arrogant ;-)

Rick hat gesagt…

@Erik:
Oder vielleicht doch lieber possibly ridiculous? ;)

@Thomas:
Danke für den schönen Kommentar. Du kennst ja wie es scheint die Papperheimer aus der Szene sehr gut. UNTERNEUNTUPFING Aktuell wird überwiegend von außerhalb der Bloggerszene gelesen, da ist es zuweilen nicht immer leicht für die Mehrheit unserer LeserInnen die Kindereien zu erklären die sich in den Szeneecken von Bloggershausen so abspielen. Andererseits muss man so ehrlich sein: Skurrilitäten und ein paar wenige Verrückte gibt es in jeder Branche.
Das karitative Projekt U9TA steckt ja immer noch in den Babystramplern. Nichtsdestotrotz haben wir in der kurzen Zeit bereits wahnsinnig viele Leute kennenlernen dürfen die zwar keinen (besonderen) PageRank hatten, dafür Herz, Hirn, gute Texte, eine hervorragende Kinderstube oder einfach reichlich Gefühl für den Mitmenschen. Und für all das braucht es eigentlich keinen PageRank...

Anonym hat gesagt…

Machts doch die Kinder nicht an, wenn sie nur das machen (und später ausnutzen), was die dumme Mama ihnen immer gesagt hat: Schaffts PReisselbeeren herbei, notfalls Backlinks, egal wie, Hauptsache Backlinks soviel ihr finden könnt, sonst verhungert die Mama und ihr, die Kinder kriegt nix zu essen!!!

Rick hat gesagt…

Die Mütter als Schuldige der Miesere? Vielleicht war es nur ein verhängnisvoller Sprachunfall bei der Zusammenstellung des Einkaufszettels und die Kids sollten eigentlich Backlinge mitbringen?

Anonym hat gesagt…

Nunja, unmoralisch finde ich jene angeprochenen Glücksritter nun nicht. Nur wenn "SEO´s" (oder leute die sich SEO nennen) anfangen rumzujaulen, dann wirds natürlich lächerlich.

Aber Google zu benutzen und auszunutzen ? pfft.. Google ist ein (viel zu mächtiger) Medienriese, da hält sich meine Solidarität in Grenzen.

Ansonsten kann voll zustimmen, allerdings muss ich zugeben auch ein wenig scharf auf Klicks von Google zu sein, weil ich später einmal etwas auf meiner Website verkaufen will. Aber zumindest bemühe ich mich Klicks und Links auf gute Artikel zu bekommen, die mich eine Menge Arbeit gekostet haben.
Nunja.. so viele sinds leider nicht, weils ein Randthema ist aber damit muss ich wohl leben.

Anonym hat gesagt…

pagerank wird völlig überbewertet.
auch vor dieser google *erfindung*
lief alles im netz wunderbar und man hat alles gefunden...oder?
ich selber habe eine kleine forenseite mit angeschlossenem chatraum.bloggen ist weniger mein fall.
wir haben nen müden pagerank von 2 sagt mir meine google-toolbar...
nur frage ich mich...macht das chatten bei nem pr von 10 mehr spass?....oder das bloggen?
auf den pr schauen nur leute die mit ihren seiten geld machen wollen denke ich...und selbst die haben von der hochgelobten *google meinung* nicht wirklich was.
pagerank ist fürn ar***...punkt.
lg,teasy

Rick hat gesagt…

@Teasy:
Gerade so Plattformen wie der NRW Chat leben ja von persönlichen Bindungen und Weiterempfehlungen, das ist der PR voll besonders überbewertet. Zur Hochblüte der Linkfarmen hatte (nicht nur) Google tatsächlich mal ein echtes Problem, das wurde aber auch in Wahrheit algorithmisch und nicht per PR gelöst. UNTERNEUNTUPFING Aktuell wird übrigens in den nächsten Monaten ein paar Brücken zwischen der Welt der Blogs und jener der Foren schlagen. Wir uns freuen wenn Du uns gewogen bleibst.

@marc:
Ganz ohne Google geht es natürlich auch nicht wenn man kommerzielle Absichten hat, aber wessen Besucher zu 90% aus Google bestehen dessen Plattform steht nicht nur kaufmännisch auf dünnem Eis, sondern das ist meist auch ein Zeichen dass dort niemand freiwillig hinkommt. Guter Inhalt kann so oder so durch nichts ersetzt werden. Dem Indonesienprojekt viel Erfolg.