15.01.2008

Junk Science - wer das wohl bezahlt?

Forschung & Entwicklung sind wichtig. Ohne sie wären wichtige menschliche Fortschritte & Errungenschaften niemals möglich gewesen, wie z.B. Infrarotkabinen, Atombomben oder die Klimakatastrophe. Allerdings treibt die Forschung auch immer wieder seltsame Blüten, und bei so manchen Wissenschaftern ist starker Zweifel angebracht ob das Ergebnis nicht schon lange vor Beginn der Forschung feststand...

Junk Science
Selbst der aufgeklärte Mensch tendiert dazu a) alles zu glauben was in der Zeitung steht und b) stellt für gewöhnlich selten etwas in Frage wenn es mit einem Konvolut von Zahlen und Fachausdrücken als vermeintliches Faktum bewiesen scheint (dazu käme noch c) der Zauber der Montur: gehen Sie mal mit einem weißen Kittel bekleidet in ein Krankenhaus, schauen Sie was passiert und Sie wissen was wir meinen). Nichtsdestotrotz gibt es dennoch auch viele wissenschaftliche Erkenntnisse die augenscheinlich fragwürdig sind und auf die der Scientific recycle bin sehnsüchtig gewartet hatte. Der Stern bezeichnete dergleichen Forschung einmal als unwürdige Wissenschaften, und der IG Nobelpreis zeichnet jährlich das Beste darunter aus.

Kategorie "Ach ne?!"
Einer der beliebtesten Junk Science Kategorien sind Forschungsergebnisse bei denen der Leser, Hörer oder Seher sich instinktiv denkt "Nona, das hätte ich Euch auch sagen können, und sogar um das halbe Geld.". Dennoch verkaufen sich solche Forschungen gut wenn folgende Regeln beachtet werden: a) die untersuchte Gruppe ist eine Minderheit in der Bevölkerung und überprivilegiert b) die Mehrheit erscheint dadurch als Opfer und kauft sich als Selbstbestätigung der Opfer- und Benachteiligungsrolle das Buch dazu. Klassiker in diesem Feld sind zB Erkenntnisse wie Schöne Menschen habens leichter im Leben.

Medizinische Studien
In vielen Ländern ist das Vorliegen von klinischen Studien die Voraussetzung für die Zulassung von Medikamenten. Stellen Sie sich vor Sie sind ein Pharmakonzern, haben ein paar dutzend Millionen in die Entwicklung eines neuen Medikaments gesteckt mit einer ausreichenden Anzahl an üblen Nebenwirkungen und müssten das Investment in den Sand setzen wenn das Produkt nicht auf den Markt käme. Ist es vorstellbar dass ein Pharmakonzern Mittel & Wege kennt zu den notwendigen Studien zu kommen die ein Präparat trotzdem gesundheitsfördernd und wirksam bestätigen? Sollte es uns beruhigen wenn wir im Krankenhaus liegen und der Arzt verabreicht uns eine Arznei mit den Worten "Keine Angst, es wurde mit Ratten erfolgreich getestet und die meisten Versuchstiere haben die ersten drei Wochen einigermaßen würdevoll überlebt."?

Wirtschaftliche Studien
Vor ein paar Jahren war es große Mode TCO-Studien zu erstellen. Besonders viele zu Server-Betriebssystemen, wovon rund 50% der natürlich unabhängigen Studien bestätigten dass das Microsoft Produkt günstiger sei und die anderen 50% sahen Linux günstiger. Das ging solange bis eine Studie bekräftigte dass wohl 100% der vorgenannten allesamt gekauft seien. In Österreich zB ist es alte Sitte dass die gesetzlichen Vertretungskammern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils am Jahresende eine Jubelbroschüre herausgeben in der jeweils behauptet wird man hätte zwei Drittel aller Fälle beim Arbeitsgericht für die jeweils Vertretenen gewonnen. Österreich dürfte somit das einzige Land der Erde sein in dem die jährlichen Fälle vor dem Arbeitsgericht 133.33% ausmachen.


"Immer wenn Sie Bericht erstatten man kann wer Sie besticht erraten."
(Fritz Grünbaum, 1880-1941, österreichischer Kabarettist)

Politische Studien
Da die Glaubwürdigkeit der Politiker verdientermaßen in der Bevölkerung grottenschlecht ist (außer unter den jeweiligen Anhängern, die glauben jeden Schrott solange er jeweils aus den eigenen Reihen kommt) läßt sich die Politik gerne ihre ideologischen Meinungen durch wissenschaftliche Studien bestätigen. Meistens durchschaubar wenn die Studien dann von parteinahen Stiftungen, Bildungswerken oder Meinungsumfragern kommen, etwas hinterfotziger aber wenn Medien, insb öffentlich-rechtliche, dazu verdeckt und scheinbar unabhängig instrumentalisiert werden. So entstehen dann gerne mal so beliebte Medienrituale wie die sozialen Ungerechtigkeiten oder die berühmten armen Kinder.

Quotenbringer
Kaum eine Tageszeitung kommt ohne ein Wissenschaftsressort aus (und natürlich auch nicht Social News Communities, das nebenbei). Dabei konzentrieren sich Medien natürlich nicht auf Meldungen die vielleicht wirklich wichtig sind, aber höchstens 18 Menschen auf diesem Planeten interessieren, sondern genau für jene populärwissenschaftlichen Erkenntnisse die gut für die Auflage (oder online die Klickraten) sind. Schöne Beispiele sind zB transparente Frösche, wie es Pflanzen geht wenn sie mal Streß haben, was Tiere so gerne hören, und natürlich die soziologische Erforschung des menschlichen Paarungsverhaltens.

Was fehlt noch?
Träumen Sie manchmal auch davon Ihren aktuellen unsicheren Knochenjob aufzugeben und stattdessen an einer von Steuergeldern finanzierten Universität beschaulich die Trinksitten des albanischen Bauerntums des 13.Jh. zu erforschen, ohne besonderen Ergebnisdruck? Was sollte Ihrer Meinung endlich mal wirklich gründlich erforscht werden? Und welche wissenschaftliche Erkenntnis mag Ihrer Meinung nach die bislang Überflüssigste gewesen sein? Sagen Sie uns Ihre Meinung.
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Weitere Artikel zu den unergründlichen Weiten (uner)gründlicher Forschung:
Erlebniswelt Experimentelle Wissenschaft
Innovatives Fooddesign der Zukunft
Zahlen für jene die sie bezahlen

(Bild: mconnors / morgueFile / Morguefile terms)

9 Lesermeinungen:

Anonym hat gesagt…

Forschung! Mmh, ein weites Feld mit schier unerschöpflichen Quellen. Studien werden ja betreiben, um für eine Lösung ein Problem zu finden. Man sucht nach etwas, welches unter Umständen gar nicht bestünde, wenn nicht geforscht würde, oder?
Aber die Frau wissenschaftlich zu erforschen da würd ich auch mitmachen wollen - oder lieber doch nicht? Welcher Mann möchte sie wirklich verstehen?...

Erdge Schoss hat gesagt…

Dass die Erde rund sein soll, werter Herr Rick. Und dann gab es mal eine EU-Studie zur länderübergreifenden Wasserklosettnormierung. Ein Highlight der Geldverbrennung.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Rick hat gesagt…

Wahrlich ein Skandal, werter Herr Schoss, dass die Wasserklosettnormierung nicht von einer angemessenen und equiteuren gender pissing Studie begleitet wurde.

Experimentielle Feminologie, lieber Dan, ist vermutlich die faszinierendste wie anstrengenste Disziplin die die Natur dem Menschen auferlegt hat. Und hat wohl schon viele eifrige Forscher zu Beginn in unendliche Wolllust, mit fortschreitender fachlicher Vertiefung in Frustration, Resignation und Trunksucht gestürzt...

Gaviota hat gesagt…

Jetzt verstehe ich einiges.... Alle Männer sind frustriert, resigniert und trinksüchtig...tztztz....du hast was vergessen: ruiniert sind sie auch! :-O *g*

Anonym hat gesagt…

Ruinieren, liebe Gaviota, lassen sich nur diejenigen die sich zu schnell verliebt und zu nahe an das ewig Weibliche gemacht haben (s. den franz. Nachbar...).

Feminile Experimentologie (cool, werter Rick) ruiniert vielleicht das männliche Ego und die Potenz, oder so...

Rick hat gesagt…

Vielleicht ist es bei Frauen, liebe Gaviota, so ähnlich wie bei manch anderen Dingen: etliche sind völlig überteuert, aber die wirklich kostbaren bleiben natürlich unerreichbar...

Ich denke Experimentelle Feminologie, lieber Dan, dürfte die einzige Wissenschaft sein bei der man möglichst unbelastet mit geistigen Fähigkeiten, aber dafür mit hyperfunktioneller Ausstattung im Gemächt am weitesten kommt...

Carolus Magnus hat gesagt…

Ich stelle mich in Bezug auf experimentielle Junk Science gerne täglich zur Verfügung. Bitte Kontaktadresse hinterlassen.

Ansonsten hatte ich bereits früher zu diesem Thema, als Mann natürlich, bereits einiges zu sagen in Bezug auf Studien im Speziellen und Frauen im Besonderen.

Einige Bettmüpferl

Über Junk-Studien:
http://www.sackstark.info/?p=1028

G-Punkt der Frau
http://www.sackstark.info/?p=464

Die 4 Phasen des weiblichen Orgasmus
http://www.sackstark.info/?p=822

Höhere Lebenserwartung bei Männern mit Ausblick auf Busen
http://www.sackstark.info/?p=837

Carolus Magnus hat gesagt…

"Keine Angst, es wurde mit Ratten erfolgreich getestet und die meisten Versuchstiere haben die ersten drei Wochen einigermaßen würdevoll überlebt."?

Bei mir sagten die Ärzte stets: "Keine Angst, Sie dürfen sich als privilegiert schätzen, denn dieses Medikament ist die absolut neuste Errungenschaft der Pharmakologie" - und ich fühlte mich in früheren Jahren sogar gebauchpinselt. Heute frage ich jeweils nach älteren Alternativen, denn diese sind bereits an vielen Patienten erprobt worden und können somit nicht derart gefährlich sein, wenn man bedenkt, dass Passivrauch ein relatives Risiko (RR) von 1.2 hat und das Wohnen an einer vielbefahrenen Strasse einen RR von 40, das das Doppelete eines aktiven Rauchers mit 60 Zigaretten täglich ist.

Wenn dann noch ein vernünftiger Mensch, etwa der Direktor der Arzneimittelprüfung der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) und somit verantwortlich für die Zulassung neuer Medikamente, Robert Temple, dann noch meint: «Mein Grundsatz ist: Wenn das relative Risiko nicht wenigstens 3.0 oder 4.0 ist - vergiss es!»

Ich bin froh, dass es heute Weblogs gibt, wo man sich korrekt informieren kann. Auf die WHO-infizierten Ärzte mit Sendebewusstsein und hellseherischem Flair fallen heute nur noch die Grundschüler herein - indoktriniert von militant-fanatischen Lehrern, die eh nach 15 Jahren einen Burn-Out erleiden, da sie eben nicht rauchen, um danach unbeschäftigt sich langweilend mit der Verteufelung des Passivrauches mit der gleichen Hysterie wie die der hyperaktiven Schüler, die seinen Nervenzusammenbruch erst verursachten, der Rauchphobie am Lagerfeuer des Monitors zu frönen.

Auch Lehrer sind vor Demenz nicht geschützt:

Rauchverbot schadet der Gesundheit (Teil 2)
http://www.sackstark.info/?p=1017

Rick hat gesagt…

Danke für Deine Kommentare, großer Karl. In der Tat sollte jeder der sich für dubiose wissenschaftliche Erkenntnisse interessiert mal im Sackstark schmöckern, dort finden sich nicht nur zum Rauchen eine Unmenge entsprechender Beispiele aus aller Welt.